Mit ihren Kriminalromanen "Dann stirb doch selber!"und "Tote Engel" landete Dagmar Isabell Schmidbauer zwei Volltreffer auf dem hart umkämpften Krimi-Markt. Vor allem "Tote Engel" begeistert die Leserschaft von Anfang an! Die gelungene Mischung aus Spannung, Gesellschaftskritik und wunderbar flüssig zu lesendem Plot, gewürzt mit ein bisserl Frivolität, Lokalkolorit und fundiertem Fachwissen aus der Welt der Polizei-Arbeit spricht sich schnell unter Literaturfreunden herum.
Natürlich möchten ihre Leserinnen und Leser ein bisserl mehr über die Schriftstellerin erfahren, als üblicherweise auf den Klappentexten zu lesen ist und wir freuen uns deshalb sehr, dass sich Dagmar Schmidbauer für das Online-Magazin HOW2FIND.DE zu einem Interview zur Verfügung gestellt hat.
Liebe Frau Schmidbauer, wenn Sie sich bitte unseren Leserinnen und Lesern etwas ausführlicher vorstellen möchten.
Dagmar Schmidbauer: Ich wurde im Herzen von Stuttgart geboren, eine Zeit an die ich mich nicht mehr so gut erinnere, mit vier Jahren zog ich dann in die Nähe von Frankfurt und als ich mit
sechzehn Jahren meinen heutigen Mann kennen lernte und er mir unter anderem den Bayrische Wald in seiner vollen Schönheit präsentierte, griff ich zu: nahm Mann und einen herrlichen Wohnort in
Besitz. Im Laufe der Jahre kamen sechs Kinder hinzu, manche gehen schon ihre eigenen Wege, treffen aber immer wieder zusammen. Weil auch, oder gerade Mütter von vielen Kindern die Herausforderung
brauchen, schreibe ich seit einigen Jahren Krimis und Artikel für verschiedene Redaktionen der Passauer Neuen Presse.
Sie haben in Stuttgart das Licht der Welt erblickt, sind in Frankfurt aufgewachsen und leben jetzt abwechselnd in Neureichenau im Bayerischen Wald und in der Nähe von Berlin. Haben Sie so etwas wie eine echte Heimat?
Manche Zeit im Jahr verbringe ich in der Nähe von Berlin, das ist interessant, aber meine Heimat ist der Bayrische Wald, dort sind meine Kinder aufgewachsen, ich kenne die Nachbarn; Umgangsformen und Sprache sind mir vertraut, wenn ich auch nicht Bayrisch rede - wobei Bekannte aus Hessen behaupten ich täte es - so verstehe ich doch alles und, was noch wichtiger ist, ich mag diese Sprache sehr. Ein gepflegtes Bayrisch kann vor allem bei Männern sehr erotisch klingen. Trotzdem zieht es mich immer wieder in die Welt hinaus, aber dann, spätestens wenn ich in Aicha die Autobahn verlasse, weiß ich, jetzt bin ich gleich zuhause, das ist ein schönes Gefühl der Geborgenheit.
Wie schaffen Sie es überhaupt Familie mit schulpflichtigen Kindern, Beruf, Schriftstellerei, verschiedene Wohnorte usw. unter einen Hut zu bringen?
Dagmar Schmidbauer: Es geht natürlich nie alles auf einmal, man muss Prioritäten setzen und, es kann ganz schön stressig sein. Ich weiß manchmal selbst nicht, woher ich die Geduld nehme, drei
Jahre an einer so komplexen Sache, wie einem Krimi dranzubleiben, denn eigentlich bin ich eher ein ungeduldiger Mensch. Auch stellt sich in der Schriftstellerei stets die Frage: ist es Hobby oder
ein Beruf? Als Autorin muss ich das Schreiben als Beruf ansehen, und so verbissen und zielstrebig arbeiten wie ein Manager. Ich muss ständig um meinen neuen Krimi ringen und möglichst nichts
anderes im Kopf haben als meinen nächsten Mord und dessen Aufklärung. Auch wenn es in allen Ratgebern immer so schön heißt: „Auch ein Genie braucht Betriebsstunden!“ Kann man diesen Rat mit einer
so großen Familie nicht immer beherzigen. Aber schließlich ist das ja auch der Grund, warum ich Romane schreibe und nicht frühmorgens das Haus verlasse um einer geregelten Arbeit nachzugehen. Zum
Glück ist es bei den neuen Bügeleisen kein Problem einem Hemd Fasson beizubringen und gleichzeitig einen listigen Mord zu planen. Nicht selten muss das Hemd dann allerdings warten, bis ich meine
Idee zu Papier gebracht habe. Bei der Familie gilt das Schreiben natürlich eher als Hobby und einem Hobby geht eine Mutter ja eigentlich nur nach, wenn sie sonst nichts mehr zu tun hat.
Was hält Ihre (große) Familie von der Schriftstellerin „Dagmar Schmidbauer“?
Dagmar Schmidbauer: Das fragen Sie sie wohl besser selbst, auf jeden Fall haben sie aber nichts dagegen, so lange sie noch ein anständiges Essen gekocht bekommen und die Lieblingshose rechtzeitig
gewaschen ist.
Wie geht ihre Familie mit dem „meine Mama ist Schriftstellerin“ und dem daraus resultierenden Bekanntheitsgrad und Rummel um?
Dagmar Schmidbauer: Eigentlich ganz cool! Wenn allerdings Deutschlehrer meinen, sie müssten perfekte Aufsätze schreiben, nur weil ihre Mutter Schriftstellerin ist, dann können sie das nicht
nachvollziehen und ich ehrlich gesagt auch nicht. So richtig Rummel gibt es um meine Schriftstellerei ja auch nicht. Die meisten die mich kennen, kannten mich auch vorher schon. Mal einen Artikel
hier und da, oder eine Lesung, aber ich denke, da sind sie dann schon stolz, wobei sie natürlich auch nicht eingebunden werden. Ich würde nie meine Kinder derart zur Schau stellen, wie das etwa
eine Hera Lind tut, ich will mich ja auch noch an den Frühstückstisch setzen dürfen.
Marek van der Jagt schreibt: „Meine Entscheidung zu schreiben hat mit meinem Streben nach Macht zu tun.“ Ihr Schriftstellerkollege aus dem
historischen Genre Richard Dübell meint: „Ich möchte meine Leser erreichen, Knöpfe drücken und sie zum Weinen,
Lachen oder Nachdenken bringen.“ Barbara Mansion sagt: „Ich will sie zum Nachdenken bringen!“
Welche Intension verfolgen Sie mit der Schriftstellerei?
Dagmar Schmidbauer: Oh, das ist eine schwierige Frage. Natürlich macht es Spaß eine gewisse Macht über Leser, aber vor allem über die Figuren in meinem Roman zu haben. Ich weiß auch, dass ich,
wenn ich etwa eine erotische Szene schön ausmale (und wir sind in meinen Krimis nicht im prüden Amerika!), viele Leser erreiche und sie vielleicht dazu animiere auch mal wieder etwas in dieser
Richtung zu unternehmen und das gefällt mir schon. Ich hoffe aber auch, dass sie mir beim Morden nicht so nacheifern. Allerdings habe ich auch eine Verantwortung, etwa, wenn ich über etwas
berichte, was so, vielleicht nicht jedem bekannt ist. Dann muss ich für meine Leser auch richtig gut recherchieren, denn sie sollen sich ja auf mich verlassen können. Wenn ich also beschreibe wie
Arsen wirkt, dann muss ich mich dazu gründlich informieren, muss dieses Pulver gesehen haben und muss mich in Toxikologiebüchern mit der Wirkung vertraut gemacht haben, damit die, die mein Buch
gelesen haben, später ihr Wissen weitergeben können, ohne sich zu blamieren.
Oft sind es ganz komische Zufälle oder Banalitäten die einen Menschen in eine Richtung lenken. Wie kamen Sie dazu Autorin zu werden?
Dagmar Schmidbauer: Nun, als vor neun Jahren mein sechstes Kind in den Kindergarten kam, hatte ich auf einmal ganz viel Zeit am Vormittag und da habe ich mir überlegt was ich mit dieser
ungewohnten Fülle an freier Zeit anfangen könnte. Mein Mann meinte dann: Schreib doch einen Roman, das liegt dir doch! Und so habe ich einfach mal angefangen. Allerdings war es dann doch nicht
ganz so einfach, wie sich das jetzt vielleicht anhört. Dazu muss ich sagen, dass ich auch als Journalistin arbeite und das Schreiben bereits gewohnt war. Und jetzt der Satz, den jeder
Schriftsteller an dieser Stelle betont: Natürlich fiel mir das Schreiben schon in der Schule sehr leicht, Deutschaufsatz bedeutete immer „Dafür muss ich nicht lernen!“
Die Handlungen Ihrer beiden zuletzt erschienen Romane spielen in Passau bzw. Regensburg. Welchen Bezug haben Sie zu diesen beiden wunderschönen Städten an der Donau, wo schon Kelten und
Römer lebten?
Dagmar Schmidbauer: Nun kommen die Kelten und Römer ja eigentlich nicht mehr vor in meinen Krimis und sie waren auch kein Kriterium für die Auswahl der Städte. Aber nein, ausgewählt habe ich
sowohl Passau als auch Regensburg, weil sie für einen Mord mit allen Ermittlungsarbeiten groß genug sind, im Vergleich zu den Gemeinden in meiner Umgebung. Ich hätte meine Krimis auch nach
Frankfurt verlegen können, aber es hat mich schon immer gestört, dass vor allem Passau, wenn in Filmen überhaupt, als „Knödelmetropole“ dargestellt wird. Die Frauen tragen in solchen Filmen auch
heute noch Dirndl und Henkelkörbchen und man ist sich kaum sicher, ob überhaupt schon Strom in den Häusern liegt. Ich wollte zeigen, dass diese Städte genauso modern sind, wie andere Großstädte
und ich denke das ist mir auch gelungen. Auf Regensburg kam ich, weil ich dachte, ein Mord in Passau reicht erst mal und dann war ich von der Regensburger Altstadt gleich nach meinem ersten
Besuch so begeistert, dass ich gar nicht mehr davon lassen konnte.
Die Personen eines Romans beziehen sich oft auf den/die SchriftstellerIn oder ihm nahe stehenden Menschen. In welcher Beziehung stehen Sie zu den Protagonisten ihrer Romane bzw. mit
welchen Protagonisten können Sie sich am ehesten identifizieren?
Dagmar Schmidbauer: Ich versuche meine Figuren so fiktiv wie möglich zu entwickeln. Sie müssen der Handlung gerecht werden, ihre Rolle tragen können und überzeugend sein. Ich versuche sie
ausgefallen und damit interessant zu machen. Dass ich keine Bücher über das Leben einer Großfamilie schreibe, hat einen guten Grund: alles worüber ich berichten würde, wäre für mich Alltag, also
nichts Besonderes, da ergehe ich mich lieber in den Raffinessen des Mordens und Aufklärens und breche damit aus meinem Trott aus. Natürlich kommt immer wieder auch eine Ansicht, die ich selbst
teil, mit in meine Geschichten hinein, und Menschen die mich gut kennen, sagen, ich würde mich in manchen Figuren verewigen. Aber das ist ungewollte und vermutlich geht es Lesern wie unzähligen
Schülern die mit der Frage: was hat sich der Autor beim Schreiben gedacht? konfrontiert und gequält werden; sie können es niemals wissen, sollen sie auch nicht, sondern immer nur raten!
Welche literarischen Vorbilder haben Sie und was gefällt Ihnen ganz besonders an diesen?
Dagmar Schmidbauer: Ich habe eigentlich keine Vorbilder, ich schreibe meinen eigenen Stil. Und je mehr ich lese umso sicherer bin ich, dass wir die wirklich guten, sprich interessanten
Schriftsteller viel zu wenig kennen und beachten. Leider ist es wohl so, dass man vor allem gute Beziehungen in irgendeiner Weise haben muss, um ganz ?oben? mitzumischen. Man muss sich
irgendetwas Verrücktes einfallen lassen, etwas was mit dem Schreiben gar nichts zu tun hat, oder bereits einen „Namen“ haben, bevor man mit dem Schreiben anfängt. Ich habe nach Harry Potter Band
I, so viele tolle Bücher gelesen - zu viele um sie hier zu nennen - doch keiner hat es in die Bestsellerlisten auf den ersten Platz geschafft. Auf der Frankfurter Buchmesse sagte Katharina Hacker
nachdem sie den Deutschen Buchpreis 2006 bekommen hat im Interview: „Ich bin mit dem Anfang eigentlich nicht zufrieden, er ist mir nicht gelungen, es fängt viel
zu langweilig an!“ Das ist ein Geständnis, das bestimmt vielen Kollegen Mut macht, aber warum bekommt sie dann diesen Preis? Also keine Vorbilder, aber viele Bücher die mir gefallen und
Frauen vor denen ich Achtung habe, die ich bewundere und die mit ihrem Lebensweg zeigen, so könnte es klappen.
Haben Sie zurzeit Bücher „auf Halde“ die sie unbedingt Lesen möchten?
Dagmar Schmidbauer: Viele: Hillary Clinton, eine sehr interessante Frau, mal sehen wie mir die neue Biografie über sie gefällt. Oder Joseph Ratzinger, ich habe es angefangen, musste es aber
weglegen, um an meiner Recherche weiter zu arbeiten. Eigentlich lese ich quer Beet. Geschichtliches, aus fremden Ländern, über besondere Schicksale, manchmal Krimis und überhaupt keine Science
Fiction. Mich interessiert vieles, mehr als ich lesen kann. Aber ich habe in der Vergangenheit erlebt, dass immer wieder eine Zeit kommt, in der ich froh darüber war, genügend auf Halde zu haben
und aus dem Vollen schöpfen zu können.
Haben Sie ein absolutes Lieblingsbuch?
Dagmar Schmidbauer: Die Brockhaus Enzyklopädie, dahin führt mich immer mein erster Gang, wenn ich über ein Thema etwas wissen will.
Welchen Bezug haben Sie zu den so genannten „Neuen Medien“?
Dagmar Schmidbauer: Der nächste Weg führt mich in meinen Recherchen dann ins Internet. Dazu eine Geschichte: Vor Jahren bekam ich von meinem Ältesten einen Gutschein zu Weihnachten. Darin
versprach er mir, er würde mir so lange alles erklären, bis auch ich den Umgang mit dem Computer verstanden haben. Inzwischen weiß ich nicht, wer sich mit dem Schreiben besser auskennt, auf jeden
Fall geht es bei mir schneller.
Aber doch, Internet, E-Mails, Handy, SMS - man kann sich das Leben ja gar nicht mehr ohne vorstellen und letztlich schreibe ich ja auch darüber und muss so immer auf dem neuesten Stand bleiben.
Hätten Sie nicht Lust für Ihre Leserschaft eine eigene Homepage ins Internet zu stellen?
Dagmar Schmidbauer: Die ist schon in Arbeit, aber für solche Dinge reicht dann tatsächlich meine Zeit manchmal nicht aus Demnächst unter www.dagmar-schmidbauer.de! Ich hoffe, dass es bald geschafft ist, Material habe ich jedenfalls schon genügend gesammelt.
Wenn wir schon beim Thema „Leserschaft“ sind: die Reaktionen der Leserinnen und Leser sind ja wichtig für jede Autorin bzw. jeden Schriftsteller. Suchen Sie gerne den Kontakt zu Ihrer
Leserschaft, z. B. bei Dichterlesungen oder sind Sie eher „öffentlichkeitsscheu“?
Dagmar Schmidbauer: Ich gehe mit Begeisterung in die Öffentlichkeit, schließlich will ich ja wissen, wie meine Leser reagieren und was sie über meine Krimis denken. Von meinen Lesungen weiß ich
zum Beispiel, dass die Zuhörer ganz besonders aufmerksam sind, wenn Erotik ins Spiel kommt, dann werden sogar Männer zu begeisterten Krimifans. In der Regel kann ich bei Lesungen erleben, wie die
Zuhörerinnen und Zuhörer so richtig mitgehen, mitfiebern und an der richtigen Stelle lachen, das tut gut und gibt gleich neuen Schwung für die nächste Sitzung am Computer. Auch Schulen besuche
ich gern, um den Schülern mal ein anderes Dasein eines Schriftstellers vor Augen zu führen und dabei auch gleich mit manchem Ammenmärchen aufzuräumen.
Sie haben uns ja schon verraten dass in Ihrem neuen Roman wiederum Passau der Ort der Handlung sein wird. Ist es eine Fortsetzung von Dann stirb doch selber!?
Dagmar Schmidbauer: Nein, um Gottes Willen, wie langweilig. Diese Figuren und ihre Geschichten haben sich bereits ausgetobt, nun lasse ich neue an den Start gehen. Es gibt so tolle Charaktere die
man entwickeln, so viele Marotten die man aufgreifen kann und so viele Arten zu Töten und etwas herauszufinden, dass es wirklich langweilig wäre, wenn ich die alten Bekannten hernehmen würde.
Außerdem mag ich keine Fortsetzungsromane. Das bedeutet für die Leser ja, dass sie entweder den ersten Band auch gelesen haben müssen, um beim Zweiten mitzukommen, oder dass ich alles noch einmal
in meinem Neuen erzählen muss.
Was auch im neuen Krimi gleich bleibt, ist die wunderschöne Donaustadt und hier hebe ich dieses Mal zum Beispiel das Fürstbischöfliche Opernhaus in den Mittelpunkt des Geschehens und natürlich
werden die Recherchen meinen Ermittler auch wieder ins Umland führen, vielleicht sogar nach Tschechien oder Österreich.
Planen Sie eventuell irgendwann mal eine Art Fortsetzungskrimi à la Donna Leons Commissario Brunetti und was halten Sie ganz allgemein von Serienhelden?
Dagmar Schmidbauer: Ich weiß nicht so recht, bei einem Serienheld, steht oft der Held im Mittelpunkt und irgendwann konstruiert man den Fall nur noch um ihn herum, anstatt sich einen spannenden
Fall auszudenken und die Personen mit ihren Rollen zu betrauen. Verlockend ist höchstens, dass es immer wider Leser gibt, die sich so sehr in einen Serienhelden verlieben, dass sie keinen Band
verpassen möchten - oft noch nicht mal die Schlechten! - aber da ich nicht vordergründig für Verkaufszahlen schreibe, sondern für eine Geschichte, die mir etwas bedeutet und mit der ich lange
zusammenleben kann, werde ich wohl keine Serienhelden schaffen, aber wer weiß?
Möchten Sie auch gerne einmal schriftstellerisches Neuland betreten?
Dagmar Schmidbauer: Na ja, das tut man ja ohnehin mit jedem neuen Fall. Aber wenn Sie meinen, ob ich Gedichte schreiben möchte oder Kinderbücher, dann kann ich mir das im Moment nicht vorstellen.
Welches Publikum möchten Sie mit ihren Geschichten gezielt ansprechen?
Dagmar Schmidbauer: Aufgewecktes, interessiertes Publikum. Menschen, die sich ganz in eine Geschichte hinein graben können. Ich knüpfe ja gern verschiedene Handlungsstränge ineinander, da muss
mir meine Leserschaft schon folgen können. Ich schreibe für alle, die meine Bücher gern lesen und es ist schon schön, dass es immer mehr werden.
Haben Sie schon negative Seiten, privat wie öffentlich durch ihre schriftstellerische Tätigkeit kennen gelernt?
Dagmar Schmidbauer: Nein, eigentlich nicht! Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass mir das irgendjemand neidet; schließlich verdient man fast nichts, zumindest im Moment, und ist bis zur
Fertigstellung ständigen Selbstzweifeln ausgesetzt.
Welche Ziele verfolgt die Schriftstellerin Dagmar Isabell Schmidbauer noch in ihrem Schaffen?
Dagmar Schmidbauer: Ich würde gern den Krimi schlecht hin schreiben. Er soll unter die Haut gehen, meine Leser dazu bringen Tag und Nacht zu lesen, bis zur letzten Seite und dann sollen sie
sagen: „Ach schade, schon fertig!“ Oder so, ja, das wäre es.
Die Schriftstellerei (vor allem wenn diese nicht hauptberuflich betrieben wird) ist sehr zeitintensiv. Haben Sie überhaupt noch so etwas wie „Zeit“ bzw. „Freizeit“?
Dagmar Schmidbauer: Das ist ja alles eine Frage der Einstellung. Rumsitzen und Däumchendrehen war noch nie meine Sache. Ich mache das, was sein muss, oder was mich interessiert.
Welche Schreibtechnik wenden Sie an? Entsteht ein Rahmen bzw. breakdown oder schreiben Sie eher aus dem Bauch heraus?
Dagmar Schmidbauer: Sobald die Leiche liegt, leiste ich dem Mörder Fluchthilfe, schaffe ihn aus den Augen der Zeugen oder lasse sie nur ganz kurz einen verschwommenen Blick auf ihn werfen. Dabei
muss ich natürlich immer die Lösung im Kopf haben, und ihn irgendwann auch der Gerechtigkeit ausliefern, aber bis dahin tue ich natürlich alles, um meine Leser an der Nase herumzuführen, niemals
bösartig, immer mit einer guten Begründung - wie ich hoffe! Ich entwerfe meine Krimis sehr genau, liste Beweise auf und weiß bereits am Anfang wo ich hin will, sonst verliere ich meine Prämisse
aus dem Auge und dann verzettelt man sich ja auch gern, erzählt Sachen, die eigentlich nichts mit dem Fall zu tun haben und langweilt den Leser, der größte Fehler, den eine Krimiautorin begehen
kann.
Tatsächlich kann es aber auch mal passieren, dass eine Szene sich beim Schreiben verselbstständigt und ich am Ende selbst überrumpelt bin. Dann prüfe ich, ob sie trotzdem passt, wenn ja, gestatte
ich meinen Figuren dieses Eigenleben, denn es zeigt, dass sie gut angelegt sind.
Investieren Sie viel Zeit in Recherche, Stoffsammlung, Sichtung, Besichtigungen der Handlungsorte usw.?
Dagmar Schmidbauer: Ja und sehr gern! Zurzeit besuche ich zum Beispiel das Fürstbischöfliche Opernhaus in Passau. Durfte bei Proben mit Chor und Solisten teilnehmen, bekam eine Führung und habe
mich überall umschauen dürfen. Ich mache Interviews mit Sängerinnen, besichtige Fabriken, um den Geruch aufzunehmen und suche mir den Hintergrund für mein Geschehen.
"Tote Engel" greift mit der Kinderpornographie ein brisantes, leider stets aktuelles und sehr trauriges, die Menschen aufwühlendes Thema auf: wie kamen Sie auf die Idee, darüber
einen Kriminalroman zu schreiben?
Dagmar Schmidbauer: Weil es mir sehr, sehr wichtig war und ist. Natürlich sind es traurige Schicksale die uns da von den Medien ins Haus getragen werden, aber oftmals dachte ich mir auch, wie
kann so was nur geschehen. Vielleicht habe ich meine Kinder überbehütet, aber ich hätte sie niemals allein auf einem öffentlichen Spielplatz gelassen, oder in einem Hotelzimmer, nur um mit meinem
Mann ungestört Essen zu gehen. Mit meiner Handlung möchte ich aufrütteln und ich möchte eben auch die Menschen erreichen, die sich diese Fragen eigentlich nicht stellen, die gar nicht wissen,
oder es nicht wissen wollen, zu welchen Machenschaften manche Menschen bereit sind. Etwa, dass die eigene Mutter ihre Kinder an fremde Männer verkauft, das ist so unvorstellbar und doch leider
die Wirklichkeit! In diesem Punkt war die Recherche zu meinem Krimi auch für mich sehr aufwühlend und manchmal geradezu schmerzhaft, denn ich sehe solche Bilder leider sehr schnell vor mir und
kann sie dann gar nicht mehr so leicht abschütteln. Das Leid der Kinder hat mich veranlasst auf sie aufmerksam zu machen und auch die Wut auf diejenigen, die solche Verbrecher mit der Begründung
„Ich glaube er ist rehabilitiert und keine Gefahr mehr!“, wieder herauslassen, nur um festzustellen, dass er eben doch noch Kinder missbraucht.
Haben Sie noch weitere „heiße“ Themen, die Sie in ihren nächsten Werken einbauen möchten?
Dagmar Schmidbauer: Nicht in diesem Krimi, aber in einem späteren, möchte ich die Prostitution im Grenzgebiet unter die Lupe nehmen, möchte zeigen, wie das Leben hinter der Fassade ist, die sich
viele Freier so gern schön reden. Ich glaube, dass die Recherche zu diesem Thema vor allem für eine Frau sehr spannend und interessant ist. Ich hoffe es gelingt mir!
Beschreiben Sie bitte Ihre Gefühlswelt als Sie Ihr erstes eigenes Buch in Händen hielten bzw. was geht Ihnen durch den Kopf wenn Sie ihre eigenen Werke in einer Buchhandlung oder
Bibliothek entdecken.
Dagmar Schmidbauer: Die Anspannung ist fast nicht auszuhalten. Nach jahrelanger Schreibarbeit liegt das Werk gedruckt vor mir und ich weiß, ich kann jetzt nichts mehr verändern, jetzt ist es
unumstößlich. Wird es angenommen oder verrissen? In dieser Zeit hört man die Flöhe husten, die Nerven liegen blank. Diese Spannung legt sich erst nach den ersten positiven Rückmeldungen, nach
Besprechungen wie der Ihren. Toll ist es auch, wenn mein Buch, so wie Tote Engel dann in den Buchläden direkt neben den internationalen Bestsellern liegt, oder in großen Zeitungen
überregional besprochen wird, oder mir Mütter von sieben Kindern versichern, sie hätten es in zwei Tagen gelesen und selbst beim Kochen nicht aus der Hand gelegt.
Autorinnen und Autoren haben es ja bei der Flut von Büchern auf dem deutschen Buchmarkt mittlerweile äußerst schwer Verleger zu finden. War es für Sie auch ein Problem?
Dagmar Schmidbauer: Es war kein so großes Problem für mich. Ich habe meinen Verleger bei der Buchmesse kennen gelernt, als ich über den Verlag berichtete. Sie kannten meinen ersten Krimi und
wollten unbedingt den zweiten drucken und herausbringen. Insgesamt ist es aber sehr schwer den richtigen Verlag zu finden, einen in dessen Konzept man passt und der sich dann so richtig für das
Buch einsetzt und alles unternimmt um es bekannt zu machen. Schließlich liegt das ja in beiderseitigem Interesse.
Hörbücher sind zur Zeit der Renner auf dem Buchmarkt. Könnten Sie sich vorstellen eines ihrer Werke (vielleicht Tote Engel?) auch mal als Hör-Medium heraus zu bringen?
Dagmar Schmidbauer: Das bin ich schon oft von den Leuten gefragt worden, die keine Zeit oder Lust zum Lesen haben. Bisher fehlt mir noch das Angebot. Dafür wird der Stoff von Tote Engel
aber zurzeit im Hinblick auf eine Verfilmung geprüft, was ja noch mehr Menschen ansprechen würde und sicher auch sehr interessant werden könnte. Allerdings würde ich mir hier das letzte Wort
vorbehalten und meine Idee nicht einfach so zum Plündern freigeben.
Viele Menschen geben bei Hobbys zumindest an dritter oder vierter Stelle „Lesen“ an! Wie schauts da bei Ihnen mit Freizeitbeschäftigungen aus?
Dagmar Schmidbauer: Lesen würde ich nicht unbedingt als Freizeitbeschäftigung angeben, denn nur selten lege ich mich einen ganzen Nachmittag aufs Sofa und lese. Ich lese im Auto, wenn ich auf die
Kinder warte, bei der letzten Tasse Tee beim Frühstück oder vor dem Einschlafen. Auf einer Zugfahrt, beim Sonnen im Garten oder einfach mal schnell zwischendurch ein paar Seiten. Und leider hab
ich immer ein schlechtes Gewissen, weil ich gerade nichts anderes tue. Ich bin immer ganz neidisch auf meine Kinder, die als Hausaufgabe „Lesen“ aufhaben. Das wäre mal wieder schön, meine Kinder
sehen das allerdings in der Regel anders.
Was fällt Ihnen spontan zu folgenden Schlagworten ein?
Abschließend die unvermeidliche Frage, die Ihre Leserinnen und Leser aber wohl am meisten interessieren dürfte: Wann darf sich Ihre Fangemeinde auf den neuesten Schmidbauer (der ja wie bereits angekündigt wieder in Passau spielen wird) freuen?
Dagmar Schmidbauer: Ich fürchte meine Fangemeinde wird sich noch ein bisschen gedulden müssen, aber ich möchte eben auch diesmal wieder eine gut recherchierte und spannende Arbeit abliefern und das braucht Zeit.
Das Online-Magazin HOW2FIND.DE bedankt sich sehr herzlich bei Dagmar Schmidbauer für dieses interessante und aufschlussreiche Interview und wünscht weiterhin viel Erfolg und gute Ideen für ihre spannenden Krimis!
Aus dem Alltag einer Schriftstellerin: Dagmar Isabell Schmidbauer zu Gast in der Stadtbücherei Pocking
Lesung am 23. Februar 2013
Der neue Passau-Krimi „Der Tote vom Oberhaus“: Dagmar Isabell Schmidbauer im Fürstenbaukeller der Veste Oberhaus
Lesung am 11. November 2012
Unheimliches in der Universitätsbibliothek: Dagmar Isabell Schmidbauer las in der Library Lounge
Lesung am 19. Januar 2012
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© 2007 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth
Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung und © Dagmar Schmidbauer
Das Interview führte Wolfgang Gonsch im Juli 2007
alle Rechte bei den Autoren