Dübell, Richard: Allerheiligen - Kriminalroman
Dübell, Richard: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman
Dübell, Richard: Peter Bernward. Band 3: Die schwarzen Wasser von San Marco - Historischer Roman
Dübell, Richard: Peter Bernward. Band 4: Das Spiel des Alchimisten - Historischer Roman
Dübell, Richard: Peter Bernward. Band 5: Der Sohn des Tuchhändlers - Historischer Roman
Dübell, Richard: Die Pforten der Ewigkeit - Historischer Roman
Dübell, Richard: Die Teufelsbibel. Band 1: Die Teufelsbibel - Historischer Roman
Dübell, Richard: Die Teufelsbibel. Band 2: Die Wächter der Teufelsbibel - Historischer Roman
Dübell, Richard: Die Teufelsbibel. Band 3: Die Erbin der Teufelsbibel - Historischer Roman
Dübell, Richard: Die Tochter des Bischofs - Historischer Roman
Das Genre des Historischen Romans erlebt zur Zeit eine Renaissance. Der Autor von Die Tochter des Bischofs, Die schwarzen Wasser von San Marco oder Das Spiel des Alchimisten hat sich für HOW2FIND.DE zu einem Interview bereiterklärt.
Doch nicht nur seine spannenden, faszinierenden Romane und deren Hintergründe interessieren uns; auch und vor allem über den Menschen Richard Dübell möchten wir mehr in Erfahrung bringen. Jeder Leser ist neugierig, ja geradezu darauf versessen zu erfahren, was für ein Mensch sich hinter dem Autor verbirgt, dem es gelingt durch solch wunderbare Romane seine Leser in die mittelalterliche Welt zu entführen.
Beim Studium ihrer Internetseite www.duebell.de "outen" Sie sich als Mensch mit vielen Passionen, als Autor,
Fotograph, Weltreisender, Graphiker. Welchen Stellenwert hat bei Ihnen die Familie?
Richard Dübell: Meine Familie hat Priorität 1 für mich, vor dem künstlerischen und beruflichen Erfolg. Da ich sehr vorsichtig damit umgehe, wieviel ich von meiner Familie und meinem eigentlichen
Privatleben an die Öffentlichkeit gebe, habe ich mich auch in meiner Homepage darüber nicht allzu sehr ausgelassen. Aber eines ist klar: ohne meine Familie
wäre ich nicht, wo ich heute bin.
Apropos Familie: Wie geht Ihre Familie mit Ihrem Erfolg um?
Richard Dübell: Mit der Doppelbelastung als Schriftsteller und Mensch im normalen Berufsleben geht natürlich auch ein gewisser Stress im Familienleben einher. Es gibt (manchmal zu) viele Stunden,
in denen ich schreibe, anstatt sie mit meiner Frau und meinem Sohn zu verbringen. Andererseits ermöglicht mir die Schriftstellerei mittlerweile, beruflich etwas kürzer zu treten, so dass ich
wieder mehr mit meiner Familie zusammen sein kann als jemand, der im täglichen Alltag steht. Meine Frau gerät manchmal in Verlegenheit, wenn sie als "die Gattin des Schriftstellers Dübell"
angesprochen wird - allerdings sind diese Gelegenheiten eher selten, da man als Autor, auch wenn sich ein gewisser Erfolg eingestellt hat, doch nicht so sehr im Rampenlicht steht wie vielleicht
ein Politiker oder Filmschauspieler. Mein Sohn findet es witzig, wenn mein Gesicht ab und zu auf einem Lesungsplakat auftaucht; ansonsten fasziniert ihn mehr, dass ich im Büro Anzug und Krawatte
trage... ;-)
Marek van der Jagt schreibt in "Monogam": "Meine Entscheidung für das Schreiben hat mit meinem Streben nach Macht zu tun; ich will herrschen! Mein Streben ging auf Höheres als
eine gute oder schlechte Zeitungskritik." Welche Intention verfolgen Sie mit dem Schreiben und wie kamen Sie dazu, Autor zu werden?
Richard Dübell: Ich möchte mit dem Schreiben meine Leser erreichen; ich möchte Knöpfe in ihnen drücken und sie zum Weinen oder Lachen oder Nachdenken bringen. Ich bin ein großer Musikfreund und
wäre wohl sehr gern, hätte mein Leben andere Bahnen genommen, Komponist geworden. Jedenfalls wünsche ich mir, mit meinen Büchern eine ähnliche Wirkung zu erzielen wie ein guter Komponist: Gefühle
zu wecken. Dass ich dabei das Genre historischer Romane gewählt habe, hängt mit meiner Begeisterung für Geschichte zusammen und einem gewissen Anspruch, die Leser über die Geschehnisse der
Vergangenheit zu informieren - eine pädagogische Neigung, wenn man so will. Zusammen mit dem vorher geschilderten Ziel, meine Leser zu erreichen, ergibt dies ein ziemlich genaues Bild, warum ich
angefangen habe, Bücher zu schreiben.
Was fasziniert Sie am Mittelalter beziehungsweise an den Städten Landshut, Köln, Florenz und Venedig, wohin Sie die Handlung Ihrer vier ersten Romane verlegt haben?
Richard Dübell: Das Mittelalter ist eine Zeit des Widerspruchs, eine Art Klammer zwischen der antiken und der modernen Welt. Insofern fasziniert mich die Widersprüchlichkeit zwischen dumpfem
Aberglauben und kühler Machtpolitik, zwischen alltäglicher Grausamkeit und ebenso alltäglicher Barmherzigkeit. Interessant finde ich zudem, wie sich eine gewisse mittelalterliche Einstellung auch
heute noch (wieder?) erkennen läßt: in unserer eindimensionalen zielorientierten Lebensweise, unserem Kästchendenken und unserem Hang, Dinge hinzunehmen anstatt sie zu ändern, wenn wir nur
genügend Freizeit bekommen, um unseren Frust darüber verdrängen zu können. Ich glaube, während der Renaissance waren die Menschen schon ein bißchen weiter - denken Sie nur an all die prachtvollen
Kunstschätze speziell aus dieser Zeit, die nie erschaffen worden wären, hätten sich nicht die Politiker und Wirtschaftslenker der damaligen Zeit aufgerufen gefühlt, mit finanzieller Unterstützung
und der Schaffung einer günstigen Atmosphäre für Kunst und Kultur zu sorgen. Landshut ist meine Heimatstadt, insofern lag die Beschäftigung damit nahe. Köln war zur Zeit der Handlung des
JAHRTAUSENDKAISERS die größte deutsche Stadt und somit ein politisches und wirtschaftliches Machtzentrum des Reichs; Florenz halte ich persönlich für die schönste Stadt der Welt; und Venedig...
ach, Venedig... Im wesentlichen ergab sich die Beschäftigung mit diesen Städten aber aus den historischen Ereignissen, in die ich meine Kriminalgeschichten verwoben habe.
Jeder Autor gibt in seinen Romanfiguren (meist den Protagonisten) gewollt oder ungewollt Teile seines eigenen Lebens preis, ohne autobiographisch zu wirken. Wie nah stehen Sie persönlich
ihrem "Serienhelden" Peter Bernward?
Richard Dübell: Peter Bernward ist mir in seiner Eigenart nahe, in der Regel über Ereignisse nachzudenken und manchmal zu lange dafür zu brauchen. Seine Ängste und Sorgen bezüglich seiner Familie
und den Menschen, die er liebt, sind ziemlich genau die meinen. Dass er sich manchmal in eine Art Kreuzzug stürzt, um dem zur Geltung zu verhelfen, was er unter Gerechtigkeit versteht, passiert
auch mir immer wieder. Ich versuche wie Peter Bernward, Gewalt zu vermeiden, kann aber wie er nicht umhin, manchmal zu glauben, dass sie in diversen Situationen das einzige Mittel darstellt. Im
Großen und Ganzen finde ich mich aber eher in einer Romanfigur wie Philipp, dem Truchsess aus dem JAHRTAUSENDKAISER, oder Raymond aus meinem aktuellen Buch DIE ÄUSSEREN UMSTÄNDE DER SÜNDE
(Arbeitstitel) wieder. Peter Bernward ist grüblerischer und träger, als ich es in Wirklichkeit bin (hoffe ich...).
Was halten Sie ganz generell von "Serienhelden"?
Richard Dübell: Ich habe keine eigentliche Meinung dazu. Elizabeth George hat das Thema meiner Ansicht nach ganz gut in den Griff gekriegt, während mich bei Donna Leon die fehlende charakterliche
Weiterentwicklung des Helden langweilt. Raymond Chandler, mein klassisches Vorbild, hat mit seinem Philip Marlowe zwar ebenfalls einen Helden geschaffen, der sich über die fünf Romane hinweg
nicht ändert, aber da er als moralischer Spiegel seiner Gesellschaft angelegt ist, passt das wieder irgendwie. Was ich damit sagen will, ist: es kommt auf das Geschick des Autors an, uns über
mehrere Bücher hinweg für seine Helden zu interessieren. Hat er das hingekriegt, gibt es gegen Serienhelden nichts einzuwenden.
Worin liegt für Sie die Faszination an Ihrem Projekt "Historische Schwarze Serie"?
Richard Dübell: Wie schon kurz angedeutet, bin ich ein großer Anhänger von Raymond Chandler. An der Figur seines Detektivs mit seiner oberflächlich kaltschnäuzigen, innerlich verzweifelt
idealistischen Art misst er die gesellschaftliche Moral seiner Zeit. Auch ich möchte versuchen, mit meinen Figuren einen Spiegel für die mittelalterliche Gesellschaft zu finden - und dabei
darzustellen, dass jene "kleinen menschlichen Unzulänglichkeiten", die mich viel mehr interessieren als groß angelegte politische Komplotte oder kriegerische Handlungen, die damals nicht anders
waren als heute. Deshalb sind meine Helden (dies aber in aller Bescheidenheit angemerkt) mehr oder weniger ebenso angelegt wie es Raymond Chandler vielleicht getan haben würde, hätte er
historische Krimis geschrieben. Um dies zu erreichen, kann man entweder philosophische Abhandlungen schreiben - oder so schlau sein wie Umberto Eco und diese als Krimi verkleiden - oder sich eben
die Schwarze Serie zum Vorbild nehmen und versuchen, Ähnliches zu Papier zu bringen wie die großen Vorbilder.
"Der Jahrtausendkaiser" wurde bereits ins Lettische übersetzt. Welche Bedeutung spielt es für Sie einen internationalen Leserkreis zu erreichen?
Richard Dübell: Zuerst eine Erweiterung des Leserkreises, den man erreichen kann. In nächster Linie bin ich natürlich ungeheuer stolz darauf, dass sich Verlage und Leser in anderen Kulturkreisen
für meine Bücher interessieren. Irgendwie hofft man auch darauf, Rückkoppelungen zu bekommen; ich bin sehr neugierig zu erfahren, wie sich andere Menschen mit meinen Ideen auseinandersetzen und
was sie hinein interpretieren (oder von meinen ursprünglichen Vorstellungen herausfiltern), und über Nationalitätsgrenzen und Eigenheiten hinweg eine solche Rückkoppelung zu bekommen, ist
selbstverständlich doppelt interessant. Ich wäre nicht ehrlich, würde ich nicht zugeben, dass in einem Rechteverkauf ins Ausland auch eine Möglichkeit zu einem erhöhten Bekanntheitsgrad und damit
auch ein interessanter wirtschaftlicher Aspekt verbunden ist.
Zu ihren literarischen Vorbildern zählen Sie Raymond Chandler und Dashiell Hammett. Was fasziniert Sie an diesen beiden Autoren besonders?
Richard Dübell: Ich fürchte, ich habe mich zu dieser Frage weiter oben schon verausgabt ;-). Eines habe ich aber noch nicht erwähnt: dass ihre Bücher auch heute noch, nach über sechzig Jahren,
spannend und interessant zu lesen sind und ihre Leserschaft nicht verloren haben. Das zeigt mir, dass sie mehr sind als "nur" Krimis, aber auch mehr als "nur" Stücke über die Moral der
Gesellschaft und des Einzelnen. Auch wenn die Handlungen zum Teil sehr stark in ihrer damaligen Zeit aufgehängt sind, sind sie doch in ihrem Grundtenor sehr modern. Wir haben es mit einem
Phänomen zu tun, das man durchaus vom heutigen Standpunkt aus als "historische Kriminalromane" bezeichnen darf, und mit der Tatsache, dass sie heute so gut verständlich sind wie damals, beweist,
dass diese Autoren etwas Zeitloses geschaffen haben. Und ist das nicht das Ziel aller guten Autoren: nach dem Motto "Wer schreibt, der bleibt" etwas tatsächlich Zeitloses zu schaffen?
Schriftsteller unterliegen immer der Gefahr nach zwei, drei gleichgearteten Werken in eine Schublade gesteckt zu werden, "kenn´ ich einen, kenn´ ich alle!" Haben Sie nicht manchmal Lust
literarisches Neuland zu betreten?
Richard Dübell: Indem ich immer wieder auf andere Helden zurückgreife und indem ich meinen Serienhelden Peter Bernward mit stets neuen Herausforderungen zu konfrontieren versuche, betrete ich mit
jedem Buch Neuland. In dem Sinne, dass man das historische Genre verlassen könnte oder vom Roman beispielsweise zur Reportage wechselt, ist diese Einlassung natürlich nicht zu sehen. Tatsächlich
ist eine gewisse Erwartungshaltung seitens Leserschaft und Verlag vorhanden, aber ich möchte es mehr positiv formulieren: der Leser weiß, welcher Qualitätsanspruch befriedigt wird und worauf er
bei seinem Autor zählen kann. Aus meinen eigenen Bekanntenkreis weiß ich zum Beispiel, dass die einen einen Autor wie Ken Follet als historischen Autor kennen (Die Säulen der Erde, Die Pfeiler
der Macht), die anderen als Thrillerautor (Die Nadel). Beide Seiten können den Titeln des jeweils anderen Genres nichts abgewinnen.
Welches Gefühl hat es in Ihnen erweckt, als Ihr erstes Buch veröffentlicht wurde und sie das erste gedruckte Exemplar in Händen hielten?
Richard Dübell: Ich war platt. Um genau so platt zu formulieren: Ein Traum war wahr geworden. Darüber hinaus war ich jedoch schon so stark mit meinem neuen Buchprojekt beschäftigt, dass ich gar
nicht wirklich Zeit zum Feiern hatte. Die Freude darüber kam eher in den stillen Minuten der darauf folgenden Tage oder wenn ich mein Buch in einem Buchladen entdeckte. Zuweilen fand ich den Mut,
mich als der Autor zu outen, und zuweilen waren die Buchhändler sogar interessiert. Manchmal konnte ich es nicht glauben, dass ich es tatsächlich geschafft hatte, meinen Traum zu verwirklichen
und ein Buch zu veröffentlichen. Und dann kam sofort die Angst: wird es auch angenommen? Will es überhaupt jemand lesen? Alles in allem glaube ich, waren sämtliche Hoch- und Tiefgefühle damit
verbunden, die man sich vorstellen kann...
Woher stammen Ihre Ideen für diesen nicht ganz einfach zu recherchierenden Stoff?
Richard Dübell: Die meisten Ideen kommen aus der Recherche für ein vorhergehendes Buch. Die Geschichte hält soviele Augenblicke bereit, in denen sich das Niedrige und das Großartige des
menschlichen Charakters zeigen. Alles, was es braucht, ist, zu dem wahren historischen Zusammenhang eine Geschichte zu erfinden, die ein dazu passendes Thema aufnimmt und spannend erzählt. Was
das erste meiner Bücher, den TUCHHÄNDLER, betrifft, so war die Idee dazu sozusagen aus der Not geboren. Bei einem Gespräch mit der Lektorin des nymphenburger Verlags, in dessen Verlauf ich ein
ganz anderes Buch an den Mann bringen wollte, merkte ich, dass das Interesse meiner Gesprächspartnerin an von mir vorgeschlagenen Alternativstoffen zu erlahmen begann. Als gebürtigem Landshuter
fiel mir in meiner Verzweiflung nur noch die Landshuter Fürstenhochzeit ein - und schon war das Interesse wieder da, da die Lektorin die alle vier Jahre stattfindenen Festspiele dazu einmal
besucht hatte und sie ihr sehr gut gefallen hatten. Bei der Recherche der Hintergrundinformationen wurde mir dann sehr schnell klar, unter welchem Zeitdruck die Festvorbereitungen damals
stattfanden und wieviele massive Hindernisse überwunden werden mussten. Daraus ergab sich die Krimihandlung schon fast von allein: ein weiteres Hindernis muss beseitigt werden, wenn die Hochzeit
nicht in letzter Minute noch platzen soll.
Wie viel Zeit verbringen Sie mit Stoffsammlung, Sichtung, Recherche usw. für Ihre fast monumental zu bezeichnenden Werke?
Richard Dübell: Es läßt sich nicht so einfach sagen, denn Schreiben und Recherchieren gehen zum Teil Hand in Hand. In der Zwischenzeit bin ich in Epochen wie dem Hohen Mittelalter oder dem späten
fünfzehnten Jahrhundert auch schon ganz gut zu Hause, so dass ich keine Grundsatzinformationen mehr eruieren muss. Ich würde insgesamt zwei bis drei Monate dafür veranschlagen.
Wie entwickeln sich Ihre Romane? Entsteht zuerst ein Rahmen oder schreiben Sie einfach aus dem Bauch heraus?
Richard Dübell: Ich arbeite sehr strukturiert mit einem Breakdown, der alle wichtigen Szenen in eine logische und zeitliche Abfolge bringt - analog den früher verwendeten Karteikärtchen tue ich
dies heute mit der Tabellenfunktion meines Textprogramms. Bevor ich diesen Breakdown nicht nach allen Seiten hin geprüft und in die letztgültige Form gebracht habe, beginne ich nicht mit dem
Schreiben. Das heißt, dass manchmal ein Drittel der gesamten Zeit für das Schreiben des Buchs mit der Beschäftigung an den zehn Seiten Breakdown verwendet wird; und es heißt nicht, dass ich beim
aktuellen Schreiben nicht noch im Detail davon abweiche. Ich empfinde es als befreiend, mit diesem Gerüst zu arbeiten: wenn ich mir keine Gedanken mehr über den Fortgang der Handlung machen muss,
bin ich freier darin, die Szenen lebendig zu gestalten und die passenden Bilder zur Handlung zu finden. Ich habe das aber erst nach und nach gelernt; angefangen habe ich mit einem weniger
ausgefeilten Expose und die Handlung während des Schreibens weiterentwickelt. Ich denke noch immer ungern an manche halb durchwachte Nacht, in der ich verzweifelt über den logischen Anschluß der
nächsten Szene an die Szene nachdachte, die ich gerade fertig geschrieben hatte.
Nicht nur in der Literatur erlebt die Geschichte eine neue Blüte; auch Rundfunk und Fernsehen entdecken die Historie wieder aufs Neue. Worauf führen Sie dieses Phänomen
zurück?
Richard Dübell: Ich würde mich freuen, wenn es daran läge, dass jemand die Wahrheit des Spruchs von Golo Mann erkannt hat: Wer die Vergangenheit nicht kennt, wird die Zukunft nicht in den Griff
bekommen. Woran diese "neue" Begeisterung tatsächlich liegt, kann ich nicht sagen; ich wage sogar zu bezweifeln, dass sie wirklich so neu ist. Schon 1945 hat Mika Waltari mit Sinuhe, der Ägypter
einen wahren Bestseller gelandet. Was sicher ein Phänomen der Neunziger und auch heute darstellt, ist die intensive, durchaus differenzierte Beschäftigung mit dem Mittelalter. Dies mag, wie schon
gesagt, damit zu tun haben, dass wir den "Dunklen Jahren" in mancher Hinsicht noch recht nahe stehen.
Ihre Photographien vermitteln den Eindruck von Melancholie, Nachdenklichkeit, Verträumtheit, aber auch den Einklang zwischen Natur und Mensch. Nebel ist ein beherrschendes Thema in Ihrer
photographischen Arbeit. Wie würden Sie sich selbst charakterisieren?
Richard Dübell: Ich bin im Normalgebrauch eher der aufgekratzte Typ, der sich nicht wirklich ruhig halten kann und immer irgendein Projekt in Bearbeitung braucht. Es gibt aber auch die
"herbstliche" Seite in mir, die weniger mit Melancholie als mit einem gewissen Wohlfühlen in einer Atmosphäre zu tun hat, die "zur Ruhe kommt", wie es eben auch im Herbst geschieht. Vermutlich
brauche ich diese Seite auch, um meiner eigentlichen, aktiveren Natur die Waage zu halten. Nicht umsonst würde ich den Herbst als meine liebste Jahreszeit bezeichnen. Im Einklang mit der Natur zu
sein ist mir sehr wichtig. Unser Umzug von München ins ländlichere Landshut hatte unter anderem auch mit dem Wunsch zu tun, der Natur wieder näher zu sein, ohne lange Autobahnstaus überwinden zu
müssen oder die Sehnsucht nach einem grünen Fleckchen mit ein paar hundert Menschen teilen zu müssen. Ich habe mich früher stark für Natur- und Umweltschutz engagiert und eine ganze Zeit als
ehrenamtlicher Naturschutzwächter gearbeitet, wozu mir heute leider die Zeit und nach einigen ernüchternden Erlebnissen mit Umweltschutzbehörden auch die letztendliche Motivation fehlt.
Sie haben eine liebevoll gestaltete Homepage ins Internet gestellt. Welchen Bezug haben Sie zu den sogenannten "Neuen Medien"?
Richard Dübell: Ich bin Mitte der Neunziger erstmalig mit dem Internet in Berührung gekommen und war damals enttäuscht. Heute verwende ich es in manchmal für mich selbst überraschend großem
Umfang für Recherchen - und bin dabei schon an Informationen gekommen, die ich auf die übliche Art in Bibliotheken und Archiven nicht oder nur sehr schwer gefunden hätte. So gesehen bin ich
eigentlich ein begeisterter Anhänger der globalen Vernetzung. Noch mehr als das Internet fasziniert mich die Möglichkeit, per e-Mail in Sekundenschnelle mit meinen mittlerweile doch über etliche
Länder und Erdteile verstreuten Freunden Kontakt zu halten. Was ich allerdings davon halte, dass mein e-Mail-Eingangsfach mit jeder Menge ungebeten versandtem Mist zugemüllt wird und dass
heutzutage (auch in meiner Firma) viele ihrer kommunikativen Notdurft (der Ausdruck ist nicht von mir, ich glaube, er stammt von Bruno Jonas) ungehindert frönen dürfen, steht auf einem anderen
Blatt. Mein persönlicher Rekord nach einer Woche Urlaub liegt bei 313 Eingangsmails. Wenn man die abgearbeitet hat, ist man erneut urlaubsreif...
Wie schon eingangs erwähnt sind Sie nicht nur als Autor und Fotograph tätig. Sie zeichnen unter anderem für die Illustrationen in einem Mathematikbuch verantwortlich. Kommt hier das "Kind
im Manne" zum Vorschein?
Richard Dübell: Cartoons zu zeichnen ist tatsächlich eine Leidenschaft. Freundlicherweise schätzt es auch mein Sohn sehr, wenn ich Zeichnungen für ihn anfertige, die er dann im Stil eines
Malbuchs farbig gestaltet (derzeitige Favoriten: Tjostende Ritter - Papis Leidenschaft färbt halt doch auf den Filius ab). Die Grafiken für SPIELE MIT DEM TASCHENRECHNER waren eine Art
Gegenseitigkeitshilfe für den nymphenburger Verlag: ich hatte schon mehrfach angefragt, ob nicht einmal ein Illustrationsauftrag für mich drin wäre, und der Verlag suchte in letzter Minute nach
einem Zeichner für das Buch. Leider ist danach kein weiterer Auftrag mehr angekommen. Ich habe es jedoch geschafft, meine Zeichenkünste mittlerweile dem Lübbe-Verlag aufzudrängen. Mein im Herbst
2003 erscheinendes neues Buch wird sechs Zeichnungen aus meiner Feder enthalten - allerdings keine Cartoons, sondern ernsthafte Buchillustrationen.
In Ihrer Homepage stellen Sie Bücher vor, die sie selbst lesen möchten. Der Zusatz: "wenn ich mal zum Lesen komme!" bringt uns zwangsläufig zur nächsten Frage: Haben Sie überhaupt noch
"Zeit" beziehungsweise "Freizeit"?
Richard Dübell: Zu wenig natürlich, aber das habe ich vermutlich mit Millionen Mitmenschen gemeinsam. In der Tat bleibe ich manchmal selbst auf der Strecke, was sich eben darin äußert, dass ich
nicht so viele Bücher lesen kann, wie ich möchte, zu wenig Sport betreibe und selten einmal untätig bin oder erzwungene Untätigkeit genieße. "Entspannende" Langeweile, fürchte ich, kommt bei mir
so gut wie nie auf. Doch die Situation hat sich neuerdings verbessert, da ich bis auf weiteres auf Teilzeitbasis arbeite und dadurch auch ein paar Augenblicke pro Woche nur für mich ganz allein
abzweigen kann.
Als Schriftsteller haben Sie auch öffentliche Auftritte - Dichterlesungen, Signierstunden, Buchvorstellungen. Sind das eher Pflichttermine oder suchen Sie gerne den Kontakt zu Ihren
Lesern?
Richard Dübell: Ich liebe Lesungen - ich kann mir gar nicht vorstellen, dass es tatsächlich Autoren gibt, die davor zurückschrecken. Schließlich schreibe ich für meine Leser und nicht nur, um
einen inneren Zwang zu befriedigen. Der direkte Kontakt mit den Lesern ist schon aus diesem Grund höchst willkommen. Ich gestalte meine Lesungen gern als Plauderstunden, in denen ich nicht nur
aus dem in Frage kommenden Buch vortrage, sondern über die Hintergründe der Handlung, das Handwerk des Schreibens und ganz allgemein über mich als Schriftsteller spreche. Sehr oft nimmt dieser
Teil noch einmal genau so viel Zeit ein wie die eigentliche Lesung. Ich hoffe sehr, dass ich auch weiterhin kräftig für Lesungen und andere Auftritte engagiert werde.
Welches Publikum möchten Sie mit Ihren Romanen ansprechen?
Richard Dübell: Ich habe mir ursprünglich keine Gedanken über ein Zielpublikum gemacht und will auch nicht den Fehler begehen, meinen Schreibstil an irgendwelchen Markterhebungen auszurichten.
Ich wünsche mir, dass Leserinnen und Leser, die an Historie interessiert sind und eine gute Geschichte zu schätzen wissen, meine Bücher lesen, und würde gar keine weitere Eingrenzung vornehmen
wollen. Aufgrund der Genreausrichtung als Krimis und vielleicht auch wegen der erotischen Szenen, die in den Büchern vorkommen, meine ich jedoch, dass meine Bücher nicht für Kinder unter 13, 14
Jahren geeignet sein dürften.
Haben Sie auch schon negative Seiten durch Ihre schriftstellerische Arbeit kennen gelernt?
Richard Dübell: Nicht wirklich. Sicher empfinde ich es als negativ, wenn ich nicht genügend Zeit für meine Familie oder für mich habe, und sicher war ich schon manchmal verzweifelt, wenn ich um
vier Uhr morgens noch immer vor dem PC saß, weil ein Abgabetermin gehalten werden wollte. Aber diese negativen Gefühle hatten stets weniger mit der
Profession des Schreibens zu tun als vielmehr damit, dass ich gezwungen bin, meinem bürgerlichen Broterwerb auch die nötige Zeit zu widmen. Völlig unsachliche Kritiken an meinen Büchern
frustrieren mich stets und hinterlassen mich nach der Lektüre für ein paar Stunden schlecht gelaunt. Doch auch das empfinde ich nicht als negativ... es gehört eben mit dazu.
Welche Ziele hat der Autor Richard Dübell noch in seinem schriftstellerischen Schaffen?
Richard Dübell: Weitere Bücher schreiben, die Leserinnen und Leser zum Lachen und Weinen bringen und vielleicht, ganz vielleicht einmal den bürgerlichen Beruf ganz an den Nagel hängen und mich
nur noch meinen künstlerischen Talenten widmen.
Jeder Literaturfan hat eine Art Lieblingsbuch. Welches ist Ihres und warum?
Richard Dübell: Schwierige Frage. Ich möchte mich auf STEIN UND FLÖTE von Hans Bemmann beschränken. Man könnte es als eine tiefer gehende, spannender zu lesende und weniger prätentios
geschriebene Version von Hesses "Siddharta" bezeichnen. Es hat MICH zum Lachen und Weinen gebracht.
Was fällt Ihnen spontan zu folgenden Schlagworten ein?
Familie - Das wichtigste in meinem Leben
Literatur - alles, was gutes Schreibhandwerk ist
Politik - Synonym für Korruption
Krieg - wird immer ungerecht und schrecklich sein
Arbeit - sollte Erfüllung sein und nicht Qual
Heimat - wo man sich zu Hause fühlt, noch bevor man sich hingesetzt hat
Essen - im Sinn von moderner Ernährung: mittlerweile das größte Betätigungsfeld des organisierten Verbrechens
Sport - bewegen, bis der Bewegungsdrang erschöpft ist
Natur - kann ich nie genug davon kriegen
Freizeit - mit meiner Familie ein Picknick machen
Fernsehen - überflüssig
Abschließend die unvermeidliche Frage, die Ihre Leser aber wohl am meisten interessiert dürfte: Wann darf sich Ihre Fangemeinde auf den neuesten Dübell freuen?
Richard Dübell: Im September 2003 erscheint Das Spiel des Alchimisten, eine im Augsburg des Jahres 1478 angesiedelte Peter-Bernward-Geschichte um
beginnenden Hexenwahn und die Macht der Manipulation.
Das Online-Magazin HOW2FIND.DE bedankt sich sehr herzlich bei Richard Dübell für dieses interessante und aufschlussreiche Interview und wünscht weiterhin viel Erfolg!
© 2003 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth
© Foto: Olivier Favre, 2007 und mit freundlicher Genehmigung von Richard Dübell
Das Interview führten Wolfgang Gonsch und Harald Kloth per E-Mail im Mai 2003
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