Martin Walker

Bruno, Chef de Police

Roman

Benoit Courréges ist Chef der kommunalen Ein-Mann-Polizei des pittoresken Périgord-Städtchens Saint-Denis. Von allen respektiert und nur kurz Bruno genannt, schätzt er vor allem die angenehmen Seiten des Lebens: gutes Essen, selbst gekelterten Wein und die Gesellschaft schöner und netter Damen. Zudem widmet er sich voller Leidenschaft und Freude seinen täglichen polizeilichen Aufgaben:

 

Verbrechensprävention, um die Bevölkerung vor Diebstählen und ähnlichem zu bewahren, Falschparker aufschreiben, die Aufmärsche zum französischen Nationalfeiertag organisieren und die hiesige Jugend beim Rugby und Tennis zu trainieren. Dieser gebildete, gut aussehende, bodenständige und vor allem ungebundene Traum aller potentiellen Schwiegermütter dieses wunderschönen und ruhigen Fleckchens Erde hilft außerdem tatkräftig beim heimischen Kampf gegen die EU-Kontrolleure, die Marktleute wie Kunden mit ihren europaweiten Hygiene-Vorschriften drangsalieren. Sollten denn etwa alle auf die wunderbaren Erzeugnisse der hiesigen Küche, wie sie seit hunderten von Jahren erzeugt, verkauft und verzehrt werden, verzichten müssen? Nicht mit uns, Brüssel!

 

Doch dieser Traum seines beschaulichen Lebens ändert sich schlagartig, als ausgerechnet an einem Markttag ein algerischstämmiger Kriegsveteran brutal ermordet aufgefunden wird. Opfer ist der alte Hamid, der in der Résistance auf Seiten der Franzosen gekämpft hat und dafür sogar seine eigenen Landsleute verriet. Die nationale Polizei wird eingeschaltet und bald kristallisiert sich ein rassistisches Motiv heraus. Bruno, der den ermittelnden Chefinspektor kennt, darf aufgrund seiner außergewöhnlichen Ortskenntnisse und zahlreichen guten Beziehungen an den Ermittlungen teilhaben. Er ist dem Rest des Polizeiapparates jedoch immer einen bis zwei Schritte voraus und schafft es gemeinsam mit der sehr attraktiven Inspektorin Isabelle, den Fall zu lösen, der bis weit in die nationalsozialistische Besatzungszeit reicht und auch den Algerienkrieg streift. Doch dient die Aufklärung des Falles auch der Gerechtigkeit?

 

Dieser erste, wunderbare Band der neuen, sehr vielversprechenden Krimireihe des gebürtigen Schotten Martin Walker um Bruno Courréges ist sehr gesellschaftskritisch und schaut bisweilen tief unter die Decke. Die Ereignisse führen sehr deutlich vor Augen, dass es auch in Frankreich zahlreiche Ressentiments gegenüber Ausländern gibt; dies jedoch nicht nur gegenüber Immigranten mit afrikanischem oder arabischem Migrationshintergrund sondern auch allen anderen Zuwanderern, die die Immobilienpreise förmlich explodieren lassen. Zusätzlich sorgen die neuen EU-Vorschriften für eine Gefährdung der regionalen Traditionen und ganzer Einkommensschichten.

 

Bruno, Chef de police ist offiziell ein Kriminalroman; der spannende, kriminalistische Part spielt sich aber zu einem guten Teil im Hintergrund ab und wirkt eher unspektakulär. Dies tut dem Ganzen aber beileibe keinen Abbruch, ganz im Gegenteil! In diesem menschelnden Plot geht es vor allem beschaulich denn spektakulär zu. Es geht um die herrliche Landschaft des Périgord, um seine Bewohner, die für ihre Interessen kämpfen und zusammen stehen. Und ab und an läuft einem bei den Beschreibungen der kulinarischen Leckerbissen dieser herrlichen Region regelrecht das Wasser im Munde zusammen. Alleine die Zubereitung der Marinade für ein perfektes Grill-Steak ist dieses Buch schon wert!

 

Dieses Buch ist eine einzige Liebeserklärung: an die Bewohner des Périgord, an die herrliche Gegend und an die wunderbare französische Küche; selbst Freunde der Historie kommen in diesem Buch auf ihre Kosten! Aber halt: ein absolut spannender, flüssig zu lesender und atmosphärisch stimmiger Krimi ist Martin Walkers Bruno, Chef de police schließlich und vor allem auch noch!

 

Hörbuch-Freaks kommen bei diesem Erstling von Martin Walker ebenfalls voll und ganz auf ihre Kosten: Johannes Steck fängt die pralle Atmosphäre und den besonderen Flair dieser Provinz wunderbar ein, spielt mit den einzelnen Figuren und hält sich in den entscheidenden Phasen des Romans vornehm zurück. Genau so sollte und muss ein solch wunderbares Buch rezitiert werden!

 

Fazit: Ein Krimi für Genießer und Appetizer für den nächsten Frankreich-Urlaub!

 

Wolfgang Gonsch

5 Sterne
5 von 5

© 2009 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth