Eine archäologische Grabung in der Nähe von Saint-Denis bringt die Gebeine einer Familie zum Vorschein, die vor ca. 30.000 Jahren den Übergang zwischen dem Neandertaler und dem Cro-Magnon-Menschen bedeuten. Doch ein Skelett passt so ganz und gar nicht dazu, denn dieser mit seinen Händen am Rücken Gefesselte wurde eindeutig erst zum Ende des vorigen Jahrhunderts erschossen.
Doch nicht nur dieser grausige Fund beschäftigt den Chef de Police von Saint-Denis Courrèges, genannt Bruno: Auf eine Gänsemastfarm und eine Fabrik die Gänseleber-Pastete (die berühmte "foje gras" aus dem Périgord) herstellt wurden Anschläge verübt, die allem Anschein nach von militanten Tierschützern durchgeführt wurden. Zu allem Überfluss haben sich auch noch der französische und spanische Innenminister das Chateau von Saint-Denis für ein Gipfeltreffen auserkoren und fordern damit nicht nur Brunos ganze Aufmerksamkeit.
So weit, aber nicht so gut! Selten hat mich ein Buch dermaßen entzweit wie dieser vierte Fall des Chef de Police Bruno: Auf der einen Seite ein absolut flüssig zu lesender, handwerklich wirklich gut gemachter Plot, mit herrlich verwobenen Handlungssträngen, die sich spielerisch zueinander und auch wieder voneinander weg bewegen. Liebevolle Landschaftsbeschreibungen der malerischen Landschaft zwischen der Vézère und der Dordogne wechseln sich mit kulinarischen Ergüssen der Extraklasse vor der malerischen Kulisse des Périgord ab.
Auf der anderen Seite jedoch, ein gerade noch mäßig spannender Kriminalfall, bei dem das Ende schon viel zu früh vorhersehbar ist. Dazu Figuren, die sich nicht weiter entwickeln und mit Bruno einen alles könnenden Protagonisten, dem man mittlerweile ob seiner Genialität und Intelligenz schnell überdrüssig wird. Dem Ganzen setzen Brunos eigenwillige Rechtsauslegungen und die mittlerweile viel zu übertriebene Rechtsbeugerei die Krone auf.
Einige, zugegeben kleinere Fehler im Lektorat senken den Lesegenuss zusätzlich und mindern den insgesamt schwachen Gesamteindruck nochmals. Vor allem hier lassen Martin Walker bzw. der Verlag den ansonsten so hoch angesiedelten Diogenes-Standard vermissen.
Fazit: Ein schwacher Krimi vor herrlichem Hintergrund.
Wolfgang Gonsch
© 2012 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth