Stefan Bollmann

Frauen, die schreiben, leben gefährlich

Mit einem Vorwort von Elke Heidenreich

 

Angeblich werden Bücher überwiegend von Männern geschrieben - und gelesen? Schreiben Frauen besser, anders? Lesen Männer anders oder lassen sie vorlesen? Wer kann schon diese Fragen beantworten. Aber ein Stück näher kommt man diesem bemerkenswerten Thema, wenn man das Buch "Frauen, die schreiben, leben gefährlich" gelesen hat.

 

Nach seinem Bestseller Frauen, die lesen, sind gefährlich hat sich Stefan Bollmann nun an die schreibenden Frauen gewagt, die er in seinem neuen Buch mit ausgewählten wunderbaren Abbildungen und kurzen, schönen Texten über ihr Leben und ihre Werke darstellt. In diesem Buch findet man Vertreterinnen verschiedener Epochen vom 12. bis zum 21. Jahrhundert. Unter ihnen Virginia Woolf, George Sand, Astrid Lindgren, Agatha Christie, Francois Sagan. Hervorragend ist das Vorwort der Journalistin und Buchkritikerin Elke Heidenreich, die sehr spannend mit ihrer klaren, kräftigen und gefühlvollen Sprache immer aufs Neue ihre Leser verwundert und in ihren Bann zieht. Sie schreibt so schnell, dicht und intelligent, wie sie auch in ihrer Sendung "Lesen!" spricht.

 

Im Buch handelt es sich um die Frauen, die schreiben und wenn sie schreiben, gefährlich leben dann. Dass Frauen auch früher lesen konnten, wundert wohl niemanden. Aber schreiben? Das war doch anstrengend, anspruchsvoll, absolut seriös und damit nur noch Männersache. Frau als eine freie, kreative und künstlerische Persönlichkeit, das kam erst viel später, nachdem viele geistreiche Frauen als Verliererinnen in Sachen Schreiben geendet hatten.

 

Das findet Elke Heidenreich erwähnenswert und erschreckend stellt sie als Paradox fest, dass viele der schreibenden Frauen Selbstmord begangen haben. Sie stürzten ins Meer, steckten ihren Kopf in den Gasofen oder vergifteten sich. Sie wurden krank, drogen- und alkoholsüchtig. Ihr Leben war oft kurz, wenn länger dann verlief es oft in Einsamkeit und Elend. Aber sie schrieben. Romane, Novellen, Erzählungen und Gedichte. Häufig mussten sie diese unter einem Männernamen veröffentlichen. Ja, sie litten, stöhnten, quälten sich, aber sie schrieben sich frei. Das von ihnen Geschriebene fasziniert und beeindruckt Elke Heidenreich und die Leser auch heute durch ihre Stärke, Vitalität und Intelligenz.

 

Natürlich ist es kein Geheimnis, dass lange Zeit der Weg zur Bildung für eine Frau verschlossen war. Den meisten von ihnen waren die Widersprüche und Konflikte ihres Lebens wohl bewusst. Auf der einen Seite müssen sie den Alltag bewältigen, die Kinder großziehen, den Haushalt führen, als Frau gefallen und geliebt werden. Auf der anderen Seite war dieser unermüdliche Drang, dieses allumfassende Bedürfnis nach Schreiben. Dazu brauchten sie sehr viel Mut, Kraft und viel Selbstbewusstsein. Stefan Bollmann versucht zu beweisen, dass diese Frauen durchaus ein kritisches Denken, ein literarisches Verständnis, einen ausgezeichneter Kennerblick, überraschende Intuition und unglaubliche Charakterstärke besaßen. Große Frauen, große Schriftstellerinnen.

 

Fazit: Ein wunderbares Buch mit tollen Texten, interessanten Porträts, "eine Galerie aus den Lebensbildern von Frauen, die sich für ihre Lust an der Schriftstellerei ein gefährliches Leben einhandelten".

 

Ludmila Hück

5 Sterne
5 von 5

© 2006 Ludmila Hück, Harald Kloth