Richard Dübell

Die schwarzen Wasser von San Marco

Peter Bernward, Band 3

Historischer Roman

Venedig im Jahre 1478. Wie ein zu Stein gewordenes Schiff erhebt sich die Herrin des Mittelmeeres aus der Lagune. Sie ist die mächtigste Stadt und bedeutendste Handelsmetropole der christlichen Welt. Als aus den trüben Wassern um das Arsenal vor den Augen des aus Florenz kommenden deutschen Händlers Peter Bernward die Leiche eines Kindes geborgen wird - offenbar die des Kaufmannsohnes Pegno Dandolo - passt dies zunächst nicht in die Pracht und Glorie dieses scheinbaren Paradieses. Doch es kommen weitere Jungen ums Leben, zwei Gassenjungen, die als Zeugen gesucht wurden. Was wussten sie?

 

Bernwards Gespür für außergewöhnliche kriminalistische Angelegenheiten erwacht erneut, und er beschließt den wenigen Hinweisen nachzugehen: Warum sucht der Sklavenhändler Barberro die Märkte der Stadt nach jungen Knaben ab? Was geschieht alles im Haus der Dame Rara de Jadra, wo mittellose Mädchen eine barmherzige Bleibe finden? In welcher Verbindung steht der mächtige Zehnerrat Giovanni Falier, der Doge werden möchte zu Pegno´s Vater? Welche Rolle spielt der undurchsichtige Polizist Paolo Calendar bei alledem?

 

Immer weiter dringt Peter Bernward in das Räderwerk der Macht vor, mit der Venedig seit vierhundert Jahren den Handel im gesamten europäischen Raum kontrolliert. Unter dem Geflecht aus geschäftlichen Verbindungen, Familienbanden und gegenseitigen Abhängigkeiten existiert ein weiteres, viel dichteres Netz, eines aus Verbrechen und Intrigen, Prostitution und Sklaverei, das die dunkle Seite der Stadt offenbart.

 

Dieser Roman hat alle Zutaten, die ein Krimi vor historischem Hintergrund braucht: Eine glanzvolle Epoche, schillernde historische Persönlichkeiten, undurchschaubare Intrigen und ein verbrecherisches Netzwerk aus Mord, Prostitution, Sodomie und Sklaverei.

 

Der komplexe wie spannende Plot wird mit viel Fingerspitzengefühl und Raffinesse geschildert. Von Beginn an wird der Leser in die schillernde Atmosphäre des mittelalterlichen Venedigs hineingezogen und ahnt die schweren Dramen die allgegenwärtig lauern.

 

Rund um das Fondaco dei Tedesci, um die historischen Personen Rara de Jadra und Heinrich von den Chaldenbergen sowie den Dogen Giovanni Mocenige und dessen Nachfolger Marco Barbarigo entwickelt sich ein Kriminalroman allererster Güte. Trotz der für manchen abschreckenden Länge von fast 550 Seiten gelingt es dem Autor auf geniale Weise niemals Langeweile aufkommen zu lassen und beinahe auf jeder Seite eine Überraschung parat zu halten, die einen immer weiter treibt.

 

Peter Bernward ist eine klassische Kriminalfigur, die nicht nur in den trüben Wassern von San Marco fischt sondern schon den Medici in Florenz eine Messe las. Die Sprache hat Dübell modern gehalten; so kann man sich ohne lesetechnische Schwierigkeiten in das mittelalterliche Venedig "fallen" lassen und so Seite für Seite genüsslich verschlingen ohne in sprachlichen Auswüchsen stecken zu bleiben ...

 

Fazit: Garantierte Hochspannung mit einem neuen Kriminalhelden!

 

Wolfgang Gonsch

4/5 Sterne
4/5 von 5

© 2003 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth