Als der Heilige Franz von Assisi 1230 starb, kam es bei seinem Begräbnis zu einem mysteriösen Zwischenfall: einige seiner Ordensbrüder raubten den Leichnam und bestatteten ihn an einem geheimen Ort, angeblich um ein Geheimnis zu bewahren. Auf dubiose Weise erhält 40 Jahre später der Einsiedler Frau Conrad einen seltsamen Brief von Leo, dem soeben verstorbenen engsten vertrauten des Heiligen mit einem rätselhaften Auftrag für den jungen Eremiten.
Die Botschaft lautet, Conrad möge die Wahrheit hinter den Legenden suchen! Der Mönch macht sich auf den Weg, der weitaus gefahrvoller ist, als er auch nur ahnt. Was aber gilt es zu erforschen oder gar zu enthüllen? Das ist das zentrale Thema von John Sacks Historienroman Im Zeichen des Seraphim, der zwar eine Franziskus-Verschwörung thematisiert, jedoch im Gegensatz zu aktuellen Religions-Thrillern wie denen eines Dan Browns oder Kathleen McGowans nicht reißerisch ist.
Dafür allerdings spielt er in der Originalzeit im späten 13. Jahrhundert und die meisten Protagonisten sind wie auch Fra Conrad historisch verbürgte Persönlichkeiten.
Auf subtile Weise ist auch dieser Kirchenkrimi spannend und voller Abenteuer, denn Conrads Suche wird nur von der Adeligen Donna Giacoma und der Novizin Amata unterstützt, ansonsten stößt seine Neugierde auf harten Widerstand: er landet sogar für Jahre im Kerker und entgeht mehrfach nur knapp dem Tod. Was aber soll verborgen bleiben vom Mythos des Franziskus, dem ersten Menschen, der mit den Wundmalen des Herrn gezeichnet war und sich ungeheuerer Verehrung erfreute?
Wesentlich geprägt ist die Zeit der Suche von der Auseinandersetzung zwischen den asketischen Franziskanermönchen und den eher weltlichen Dominikanern, und dieser Richtungsstreit zwischen den spirituellen und den konventionellen geistlichen Richtungen tobte rabiater und unbarmherziger, als man es sich von Kirchenmännern erwarten möchte. So muss Conrad einen langen, dornigen Weg gehen, bis der eine Wahrheit entdeckt - derer er aber keineswegs froh und glücklich sein kann!
John Sack überzeugt bei der Such nach der Wahrheit hinter den Legenden vor allem durch exzellent recherchiertes Faktenwissen und die ausgesprochen plastisch ausgestalteten Charaktere, die er vor realem Hintergrund mit viel Zeit- und Lokalkolorit agieren lässt.
Für Liebhaber authentischer Historienromane ist dieses monumentale Werk ein wahrer Genuss und soviel sei hier noch verraten: die Überreste des Heiligen Franziskus wurden tatsächlich unter der Basilika San Francesco gefunden - von Arbeitern bei Grabungen im Jahre 1818.
Fazit: Ein spannungsgeladener, monumentaler und absolut überzeugender Historienkrimi.
Wolfgang Gonsch
© 2006 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth