In dieser historischen Fundgrube finden Sie wunderbare Miniaturen großer Persönlichkeiten der Weltgeschichte wie zum Beispiel über Echnaton (Zerstörung der alten Tempel), Varus (vor der Schlacht im Teutoburger Wald) oder Nero (der große Stadtbrand Roms). Von zwei Geschichten über bzw. um die katholische Kirche und die Heilige Inquisition geht es zu weiteren zwei Episoden vom Alten Fritz (vom Postgeheimnis und von einem Kaffeeschnüffler) bis hin in die neuere Zeit. Das Buch endet mit einer Miniatur, die die Begebenheiten in Europa des Jahres 2020 zum Szenario hat: Die Staaten der Europäischen Union werden aufgelöst, die Europäische Föderation mit der Hauptstadt EUREKA (Brüssel) wird gegründet; sie erinnert schon ein wenig an Fahrenheit 451 von Ray Bradbury.
So unterschiedlich die Epochen und Begebenheiten auch sein mögen, alle haben sie manchmal weniger und des Öfteren mehr gemein: in allen Miniaturen kommt ein besonderer Stein vor, der durch die Jahrhunderte wandert und stummer Zeuge von Mord, Verfolgung, Verschwörung, Terror und Intrige wird. Mal befindet er sich im Zentrum der Geschichte, mal ist er nur als Randnotiz auszumachen, um auch eine Aufnahme in diese gut gelungene Anthologie zu finden.
Nach Mönche, Meuchler, Minnesänger liegt uns hier eine weitere, sehr gute Anthologie aus der History-Reihe des Bookspot-Verlages vor. Blieben die tödlich-spannenden Kurz-Trips ins dunkle Mittelalter in dem vom Günter Krieger herausgegebenen Werk auf diese eine Epoche beschränkt, spannt diese neue Sammlung Das Steinerne Auge eine weiten, fast 4.000jährigen Bogen vom Alten Ägypten bis hin in unsere nahe Zukunft des Jahres 2020.
Allen Autoren ist es zudem gelungen, Phänomene wie Überwachung, Bespitzelung, Denunziation, Intrige, Kontrolle und Manipulation im Wandel und Kontext der unterschiedlichsten Zeiten, Epochen und Kulturen glaubhaft darzustellen.
Der Versuch der Autorengruppe QUO VADIS mit ihrem Roman Die sieben Häupter ging trotz der tollen Rahmenhandlung um den nach Europa kommenden Sprengstoff aufgrund des für meinen Geschmack zu eng gesteckten Rahmens leider ziemlich daneben.
Daher ist es umso erfreulicher, dass die Qualität dieses historischen Episoden-Romans (mit vielen bekannten Autorinnen und Autoren aus dem Genre des historischen Romans) annähernd gleich hoch bleibt und viel Platz für die literarische Freiheit und verschiedensten Schreibstile ließ. Ohne ein vielleicht zu literaturfeindliches und viel zu wenig Spielraum lassendes Korsett konnten sich die beteiligten Autorinnen und Autoren so richtig austoben und ihr literaturschaffendes Unwesen treiben, um diese wunderbaren Short-Storys rund um das mehr oder weniger alles beherrschende steinerne Auge, den Achat, zu erschaffen.
Fazit: Eine Anthologie über des Menschen Lust an Gewalt, Intrige, Verrat und Mord in der die Geschichten, je näher sie an die Gegenwart heran reichen, etwas schwächer werden.
Wolfgang Gonsch
© 2009 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth