und andere Geschichten aus der Business Class
Zürich ; Diogenes ; 2007 ; 208 Seiten ; ISBN 978–3‑257–06568‑8
Wer dieses Buch genau so genossen hat wie ich, muss eigentlich feststellen, dass sich im Titel dieses Buches ein gravierender Rechtschreibfehler eingeschlichen hat: nach "Unter Freunden" fehlt auf alle Fälle ein großes Fragezeichen!
Diese knapp 80 zweiseitigen Episoden, die uns Martin Suter mit seinem sezierenden Scharfblick Pointen reich und geschliffener, glasklarer Sprache vor Augen führt, suchen wieder einmal ihres gleichen. Wieder ist es ein Band geworden (mittlerweile der vierte mit seinen unvergleichlichen business-class-Geschichten) für die Macher, die Manager, für alle die im Management arbeiten, dort hin wollen, dort nicht mehr hin wollen oder einfach für alle diejenigen, die es sowieso schon immer besser gewusst haben oder einfach nur erstklassige, bissige Literatur suchen.
Alle Storys habe etwas skurriles und ehrliches, leicht amüsantes aber doch tief trauriges und bewegendes an sich, in denen sich so manch eine(r) ertappt fühlen dürfte und/oder auch ein bisserl selbst erkennt; Gott-sei-Dank handelt es sich bei den Protagonisten in diesen Zwei-Seitern nicht um einen selbst, neinnein! Es sind Bekannte, Freunde, Kollegen oder Vorgesetzte, selbst ist man ja völlig anders! Oder?
Aber ist es wirklich amüsante Unterhaltung, die uns Martin Suter beinhart serviert? Sind es wirklich fiktive Geschichten aus dem Stress beladenen Business-Leben unserer Wirtschaftslenker? Haben sich diese skurrilen Miniaturen mit dem Hang zur Absurdität nicht doch so oder zumindest so ähnlich im beruflichen Alltag abgespielt? Wir wissen es nicht, vermuten es aber schwer!
Diese dem Leben entnommenen Satiren der Geschäftswelt bewegen sich so dicht an der Realität, dass es einem nach dem ersten Schmunzler fast schon weh tut, so ehrlich und brutal erscheinen uns diese Miniaturen.
Diese prägnanten Filetstückchen über Kapazitäten, die bald zu Über-Kapazitäten werden, über Stresser und Gestresste, über Feuernde und Gefeuerte, von Entlassenden und zu Entlassenden, in denen man sich bei Beförderungs- oder Entlassungswellen auf sich aufmerksam machen muss oder einfach unsichtbar sein sollte oder aber einfach nur über alternde Möchtegerne sind wahre Juwelen aus der Kunst der Kurzgeschichte und der Welt der fast Gott-gleichen Top-Manager, unersetzlichen Workaholics und fehlerfreien CEOs mit ihrer Selbstbedienungsmentalität aus dem Big Biz.
Man könnte (wenn man böse wäre) dieses kleine, homogen wirkende Wunderwerk sogar als eine Art preiswertes Nachschlagewerk oder Ratgeber für Manager, solche die es werden wollen oder andere geldgeile Job-Killer bezeichnen, so intensiv hält der Autor der Business-Class den berühmten Spiegel vor Augen! Wie gesagt: wenn man böse wäre! Man ist halt nun mal mitten drin im Big Business und Unter Freunden - und nichts scheint gefährlicher.
Fazit: Der Meister der kleinen Form hat wieder mal voll zugeschlagen!
Wolfgang Gonsch