"Was waren das für Zeiten ..."
Ein Erinnerungsbuch
Karlsruhe ; Singliesel ; 2015 ; 36 Seiten ; ISBN 978-3-944360-70-6
Dieses, komplett in Großdruck gehaltene Erinnerungsbuch ist ein Ausflug für die ältere Generation zu den meist unvergesslichen Ereignissen
längst vergangener Tage. Achtzehn Schwarzweiß-Fotos im Format 16 mal 11,5 Zentimeter begleiten den Betrachter durch das Jahr, dazu jeweils ein Textfenster gleicher Größe. Dabei werden rechts auf
der Doppelseite ein Foto als Blickfang und gegenüber ein bis zwei kurze, einfache Sätze zum jeweiligen Geschehen angeordnet.
Besonders angenehm wirkt die harmonische Farbgebung im Innenteil: Hauchzartes Grün hinterlegt die hellgrauen Texttafeln und umschmeichelt die Photographien. Der Einband bedient sich kräftiger
aber keinesfalls aufdringlicher Farben und fällt sofort ins Auge.
Die stabilen Seiten bestehen aus festem Kartonpapier und werden durch eine sorgfältige, solide Metall-Spiralbindung (ohne störende, hervortretende Drähte, die sonst eine Verletzungsgefahr
darstellen können) zusammengehalten. Der Einband aus dezent laminiertem Karton stellt nach meinem Empfinden eine kleine Schwachstelle dar und dürfte ruhig etwas kompakter ausfallen. Dafür finde
ich die Idee, den erklärenden Text zum Verwendungszweck des Werks mit abziehbarer Folie auf der Rückseite anzubringen, wirklich klasse! Auf diese einfache Weise umgeht man die schmerzhafte
Konfrontation des Erkrankten mit seiner Diagnose.
Diese kleine Sammlung ist weit mehr als ein einfaches Foto-Buch vergangener Zeiten. Ich sehe es sogar als Instrument zur Verbesserung der Lebensqualität. Demenz lässt Worte verschwinden doch
Gefühle bleiben! Die Bilder sperren das Tor zur Vergangenheit auf und geben einen Pfad frei um mit dem Erkrankten gemeinsam ein Stück in seiner noch verbliebenen Welt zu wandeln. Kostbare
Erinnerungen tauchen auf und Glücksmomente werden neu erlebt. Je nach Stadium erlebt die Kontaktperson Nähe zum Erkrankten, bekommt Unterstützung im Aufbau einer Kommunikation mit ihm und
erreicht den Kranken auf einer positiven Gefühlsebene. Damit ist kostbare gemeinsame Zeit gewonnen.
Nicht zuletzt für die jüngere Generation ist es hochinteressant ein Stück der „guten, alten Zeit“ kennen zu lernen und sich darüber auszutauschen. Eine klassische Win-Win-Situation für beide Seiten! Auch unterwegs kann es eine ideale Beschäftigungsmöglichkeit sein, um beispielsweise Wartezeiten zu überbrücken, ist aber ebenso als „notfallmäßige, taktische Maßnahme“ in schwierigen Situationen hilfreich.
Für Pflegende bilden diese Fotos im frühen Stadium der Demenz wichtige Unterstützung zur Durchführung biographischer Arbeit, welche im Pflegebereich einen immer größeren Stellenwert einnimmt.
Dafür lohnt sich auch der Zeitaufwand. Aber: Die ausgewählten Bilder sind auf unseren westlichen Kulturkreis zugeschnitten und zeigen unter anderem Situationen aus dem christlich geprägten
Jahreskreis. Das schränkt die Zielgruppe des Buches ein.
Da die Anzahl ausländischer, betagter Mitbürger ebenso stetig ansteigt, möchte ich anregen, ein solches Werk auch für andere Kulturkreise zu kreieren, denn das Thema Demenz betrifft alle.
Fazit: Rundum gelungen und ein sinnvolles Mitbringsel für einen an Demenz erkrankten Menschen.
Elisabeth Gonsch
© 2015 Elisabeth Gonsch, Harald Kloth