Roman
Zürich ; Diogenes ; 2016 ; 423 Seiten ; ISBN 978-3-257-06975-4
J. Ryan Stradal ist amerikanischer Filmemacher, Lektor und Autor und legt mit „Die Geheimnisse der Küche des Mittleren Westens“ sein Romandebut vor. Im Stile John Irvings erzählt er die
Geschichte um Eva Thorwald, beginnend mit ihrer Geburt. Von ihrem Vater sehr geliebt, wird das Baby von der Mutter, einer Weinkennerin und Sommelière, jedoch nur wenige Monate nach der Geburt
verlassen. Der Vater, ein Koch, der seine kleine Tochter vergöttert und schon ganz früh an ersten Geschmackserlebnissen teilhaben lässt, stirbt wenig später an einem Herzinfarkt. Eva wächst
sodann bei ihrem Onkel und dessen Frau auf, ohne zu wissen, dass es nicht ihre leiblichen Eltern sind. Das Mädchen entwickelt sehr früh einen genialen Geschmackssinn, der ihre Laufbahn vorzugeben
scheint: als Jugendliche züchtet sie in ihrem Kleiderschrank Chilisorten und arbeitet sich empor zu einer erfolgreichen Köchin Nordamerikas, deren Dinner-Kreationen begehrt und hoch bezahlt
sind.
Der Roman dreht sich jedoch nicht nur um Eva, sondern wechselt über zu anderen Charakteren, die mit Eva in Verbindung stehen und aus deren Perspektive der Leser eine andere Sicht auf Eva geboten
bekommt, bevor es zuletzt ein Wiedersehen Evas mit ihrer Mutter Cynthia gibt.
Die Perspektivwechsel sind gewöhnungsbedürftig und sicherlich nicht jedem Leser genehm, da sie die Geschichte sehr zerreißen und dem Leser allzu leicht der rote Faden abhanden kommen kann.
Das Buch strotzt, seinem Grundthema Tribut zollend, vor kulinarischen Absonderlichkeiten, Inhalten und Rezepten, die auch durchaus nachkochbar sind, jedoch dem amerikanischen Geschmack
folgen.
Fazit: Stradal erzählt seine Geschichte durchweg leicht lesbar und mit einer gewissen Grundheiterkeit, verlangt jedoch Flexibilität beim Leser sowie Konzentriertheit. Der Rest ist
Geschmackssache – wie beim Essen eben auch.
Christa Roßmann
© 2016 Christa Roßmann, Harald Kloth