Mein Leben zwischen Hymne und Hölle
München ; Droemer ; 2018 ; 256 Seiten ; ISBN: 978-3-426-27768-3
Der 1965 in Rostock geborene Christian Schenk ist in der DDR aufgewachsen. Bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul gewinnt er die Goldmedaille im Zehnkampf. Drei Jahre später holt er dann bei
der Weltmeisterschaft in Tokio die Bronzemedaille. Keiner - am wenigsten er selbst - ahnt, dass die Lebenskurve auch eine andere Richtung kennt und es auch bergab gehen kann.
Mit Hilfe des Autors Fred Sellin erzählt Christian Schenk seine Lebensgeschichte, angefangen von den Vater-Sohn-Konflikten bis hin zu den fragwürdigen Trainingsmethoden und Medikamentengaben in
der DDR. Nach und nach erkennen sowohl er selbst als auch Personen aus seinem Umfeld, dass er an einer schweren psychischen Erkrankung leidet. Die bipolare Störung hat zwei extreme Gesichter:
einerseits die euphorischen, produktiven ja geradezu manischen Phasen, andererseits die schwerdepressiven Phasen, wo es ihm schwer fällt, das Bett zu verlassen.
Christian Schenk erzählt, wie schwer es ihm fiel, die Krankheit zu akzeptieren und mit ihr zu leben: „man reflektiert nur in der Niederlage. Und die Krankheit ist eine Niederlage.“
Er zeigt auf, wie mühsam es ist, mit dieser Krankheit zu leben, auch wenn ihm bekannt ist, welche Auswirkungen sie hat: „es sind jedes Mal die gleichen Abläufe: Berg türmt sich auf. Ich sehe
den Pfad nicht, der zum Gipfel führt.“
Das Buch ist in 2 mal 13 Kapitel aufgeteilt. Vor jedem Erzählkapitel ist eine kurze Erlebnisbeschreibung eingefügt, die erahnen lässt, was in der erkrankten Person vor sich geht.
Die Lektüre dieses Buches macht durchaus betroffen, weil man anhand der Schilderungen hautnah miterleben konnte, wie nach einem großen Erfolg, was ein Olympiasieg durchaus ist, die Welt aus den
Angeln gerät. Es gibt aber auch jede Menge Hoffnung in den Schilderungen.
Diese Zuversicht möchte man jedem Betroffenen wünschen: „wie es auch weiter geht, es wird gute Tage geben und schlechte ... Am nächsten Morgen geht die Sonne wieder auf. Und dann werde ich
dabei sein.“
Fazit: eine Lebens- und Leidensgeschichte, die anrührt.
Matthias Wagner
© 2018 Matthias Wagner, Harald Kloth