Jojo Moyes: Wie ein Leuchten in tiefer Nacht

Roman

Hamburg ; Wunderlich ; 2019 ; 538 Seiten ; ISBN 978-3-8052-0029-5

Die junge Engländerin Alice heiratet Hals über Kopf den Amerikaner Bennett und geht mit ihm nach Amerika. Doch ihre Hoffnung, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ein spannendes Leben führen zu können, erfüllt sich nicht. Die Kleinstadt Baileyville liegt mitten in den Bergen Kentuckys, die Männer dort sind überwiegend einfache Leute, die in den Minen arbeiten. Und den Frauen sind Haushalt und Kindererziehung vorbehalten. Von Anfang an läuft die Ehe zwischen Alice und Bennett Van Cleve nicht so, wie man es sich vorstellen würde. Das liegt vor allem daran, dass sich Bennetts Vater, der herrische Minenbesitzer Geoffrey Van Cleve ständig einmischt und den jungen Leuten Vorschriften macht. Alice spürt zunehmend, dass diese Hochzeit ein großer Fehler war. Als Frauen gesucht werden, die sich für die neu gegründete Packhorse Library engagieren, sieht Alice eine Chance, dem beengten Zuhause der Van Cleves zu entkommen.

Statt untätig zuhause zu sitzen, wird Alice eine der reitenden Bibliothekarinnen. Ihrem Schwiegervater ist dies ein Dorn im Auge, denn in seinen Augen sollte Alice möglichst schnell für Nachkommen sorgen. Doch wie soll das gehen, wenn das Eheleben das Thema Sexualität außen vor lässt? Der Patriarch ahnt davon nichts und er versucht sooft er dazu Gelegenheit findet, Alice davon abzubringen. In seinen Augen sollen Frauen nur die Bibel lesen und nicht Bücher mit möglicherweise delikaten Inhalten und solche, die Frauen auf seltsame Gedanken bringen und ihre Aufmüpfigkeit fördern.

Zu dieser Zeit werden überall in den ländlichen Regionen Amerikas Satteltaschenbibliotheken gegründet, um die Landbevölkerung mit Literatur zu versorgen. Die toughe Margery O'Hare hat gleich zu Beginn geholfen, die Bibliothek im Raum Baileyville aufzubauen. Zu Beginn herrscht zwar Skepsis, ob Alice als Fremde und aufgrund ihres englischen Akzents überhaupt von den Leuten in den Bergen akzeptiert wird. Doch die Bedenken sind unbegründet. Tag für Tag reiten vier Frauen mit vollbepackten Büchertaschen ihre Routen, geben neuen Lesestoff aus und nehmen gelesene Bücher zurück. Zum Teil entwicklen sich auch innigere Kontakte zwischen den Bibliothekarinnen und ihren Lesern.

Alice erlangt durch diese Tätigkeit Selbstbewusstsein und spürt endlich ein gewisses Maß an Freiheit. Als sie ihrem Schwiegervater eines abends widerspricht, verprügelt sie dieser brutal. Sie verlässt das Haus und sucht bei Margery Zuflucht, die sie entsetzt aufnimmt und ihre Wunden pflegt.

Nun richtet sich der Zorn des alten Van Cleve gegen die Packhorse Library. Die Aufmüpfigkeit seiner Schwiegertochter muss von dem schädlichen Einfluss der Bibliothekarinnen kommen. Wann immer sich die Gelgenheit bietet, macht er das Projekt schlecht und bringt nach und nach auch die Bevölkerung gegen die Bücherei auf. Der Pferdehändler Fred Guisler, der den Frauen mit der Bibliothek hilft, ist geschockt als er die verletzte Alice sieht. Er zeigt nun ganz offen, dass er sich zu Alice hingezogen fühlt. Auch sie empfindet Zuneigung für ihn, aber sie ist bedauerlicherweise immer noch eine verheiratete Frau - zumindest auf dem Papier. Als der alte Haudegen Clem McCullough tot in den Bergen gefunden wird und man ein Bibliotheksbuch der Satteltaschenbibliothek bei ihm findet, überschlagen sich die Ereignisse.

Margery, die diese Route geritten ist, wird verhaftet und kommt trotz ihrer Schwangerschaft bis zur Gerichtsverhandlung ins Gefängnis. Ist damit das Ende der Packhorse Library besiegelt? In ihrem neuen Roman setzt Jojo Moyes den Bibliothekarinnen der Packhorse Library ein Denkmal. Auf Initiative von Eleanor Roosevelt wurde zwischen 1935 und 1943 durch dieses Programm der Regierung die ländliche Bevölkerung mit Büchern versorgt. Jojo Moyes erzählt von Frauen, die mit den Büchern auch ein Stückchen Hoffnung zu den Menschen bringen.

Dieses Buch ist eine Hommage an die Lesefreude, an die Liebe zu Büchern und die Tatsache, dass Literatur Menschen verbinden kann. Nicht zuletzt beweist die Geschichte, dass Bücher auch Waffen sein können - zum Beispiel für die Emanzipation der Frauen.

Fazit : ein toll geschriebenes, unterhaltsames Buch über die Macht der Bücher und den tollen Beruf der Bibliothekarin.

 

Sonja Kraus

4/5 Sterne
4/5 von 5

 © 2019 Sonja Kraus, Harald Kloth