Stiller Kamerad

 

Deutschland 2017

Regie: Leonhard Hollmann

 

Für den Dokumentarfilm "Stiller Kamerad" konnte Leonhard Hollmann einen sehr intimen Einblick in die von Pferden gestützte Traumatherapie nehmen. Eine Soldatin und zwei Soldaten, die seit ihren Auslandseinsätzen an einer Posttraumatischen Belastungsstörung leiden, gestatteten dem Regisseur sehr persönliche Aufnahmen.

 

Dargestellt wird die Arbeit von Therapeutin Claudia Swierczek mit ihren Pferden auf einem kleinen Pferdehof in Brandenburg. Aber auch wenige Aufnahmen in einer bundeswehrinternen, klinischen Einrichtung und Interviews mit Freunden und Szenen von Hobby und Freizeit werden gezeigt. Es kommen auch Angehörige des Deutschen Bundeswehrverbands (eine Art Gewerkschaft der Bundeswehr) zu Wort.

 

Bis auf eine Sequenz ganz zu Anfang, wird auf spektakuläre Szenen völlig verzichtet. Die Wucht dieser Dokumentation entsteht aus der Glaubwürdigkeit und Offenheit der Patienten. Gemeinsam ist bei allen Beteiligten ihre positive Beurteilung dieser besonderen Therapieform "Pferdegestützte Traumatherapie" und die Hoffnung, dass diese von der Bundeswehr endlich anerkannt und damit finanziert werden sollte. Dieser Antrieb bewog die Soldatin und Soldaten ihre belastenden Kriegserinnerungen mit diesem Film an die Öffentlichkeit zu bringen.

 

Das Thema Tod ist in diesem Dokumentarfilm immer präsent. Seien es die traumatischen Kriegserlebnisse, Gedanken an Suizid oder auch beim notwendigen Einschläfern eines Therapiepferdes. Letzteres wird realistisch gezeigt, gehört für Reiterhöfe leider zum notwendigen, letzten Dienst an den treuen Vierbeinern. Für sensible Personen könnte dies aber verstörend sein. Für Kinder ist dieser Film mit Altersfreigabe "FSK ab 12 Jahren freigegeben" nicht geeignet.

 

Eine grundsätzliche Einordnung des Themas Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) im Kontext Militär generell oder der Bundeswehr im Speziellen (beispielsweise durch Texteinblendungen) hätte dieser Doku nicht geschadet. Das passt aber zum Stil dieser Abschlussarbeit der Filmuniversität Babelsberg, nicht zu bewerten und sich auch unterhaltsamer Filmdramaturgie zu verweigern. So bleibt der Zuseher am Ende zwar sehr beeindruckt, aber auch etwas ratlos zurück, da es keine einfachen Lösungen für die aufgezeigten schwierigen Problematiken gibt.

 

Dies ist keine Dokumentation, die man "einfach so zur Unterhaltung" ansehen sollte. Man muß sich bewusst darauf einlassen. Belohnt wird man mit Einblicken in die besondere Beziehung zwischen Mensch und Pferd. Aber auch mit (dem hoffentlichen) Verständnis für traumatisierte Soldaten, die ob ihrer Kriegserinnerungen nur schwer ins "normale" Leben zurückfinden und nun ihren ganz eigenen Kampf führen.

 

Mittlerweile ist PTBS bei der Bundeswehr als "Psychische Verwundung" anerkannt und es gibt unterstützende Hilfsangebote für Betroffene und Angehörige.

 

Auf der DVD befinden sich nur fünf kurze Teaser. Leider ist außer einem Trailer und den Teasern kein weiteres Bonusmaterial vorhanden, was aufgrund der interessanten Themen und der relativ kurzen Laufzeit von 88 Minuten schade ist. Ein informatives Booklet ist leider ebenso wenig wie ein Wendecover vorhanden.

 

Fazit: Ein hochbrisantes Thema, sehr sensibel aufbereitet. Ein wichtiger Dokumentarfilm, der beeindruckt und nachwirkt.

 

Harald Kloth

4/5 Sterne
4/5 von 5

 © 2019 Harald Kloth