Wolfgang Jeschke: Der letzte Tag der Schöpfung

Hörspiel

Regie: Marc Schülert

 

München ; Ohrenkneifer ; 2019 ; 2 CD ; 147 Minuten

 

"Wir haben die Wirklichkeit zerstört."

 

Während des Kalten Krieges, in den 1980er Jahren, entwickeln die Vereinigten Staaten eine Zeitmaschine, Chronotron genannt. Ein unglaublich klingender und wagemutiger Plan wird gefasst: Eine Gruppe Techniker, Wissenschaftler und Militärs wird über fünf Millionen Jahre zurück in die Erdgeschichte gesandt. In diesem Zeitalter ist das spätere Mittelmeer noch nicht mit Wasser geflutet, da es noch nicht über die Straße von Gibraltar mit dem Atlantik verbunden ist. Dort angekommen sollen die Experten mittels einer Pipeline das arabische Öl abpumpen und von der Nordsee aus gefördert werden. So soll die Vormachtsstellung der Ölscheichs zugunsten des Westens gebrochen werden.

 

Im ersten Kapitel wird der Hörer mit dem Auffinden von Artefakten neugierig gemacht. Fahrzeug- und Waffenteile (wie ein Jeep bei Gibraltar), Material- und Flugausrüstungen (wie der Schlauch einer Sauerstoffmaske), die überhaupt nicht in die zurückdatierte Zeit des Fundes passen können.

 

Recht schnell wird man dann mit der Rekrutierung der sogenannten Chrononauten vertraut gemacht. Auch der kühnen, vor allem militärisch geprägten, Truppe werden die Artefakte aus der Vergangenheit präsentiert. Das Hörspiel folgt nun dem Protagonisten Steve Stanley, der sehr überzeugend von Marc Schülert gesprochen wird. So erfährt man diese Zeitreise vor allem aus der Sicht eines Piloten, was den Vorteil hat, dass es nicht allzu wissenschaftlich wird.

 

Im dritten Teil landen die Zeitreisenden mit ihren Gleitern schließlich in der Erdvergangenheit. Mehr soll an dieser Stelle über den Inhalt nicht verraten werden. Nur so viel: Die Chrononauten stoßen auf völlig unerwartete Gegebenheiten und Gegner, die sowohl ihre Mission, als auch die weitere Entwicklung der Menschheit beeinflussen werden.

Titelbild CD Der letzte Tag der Schöpfung
Titelbild CD. Mit freundlicher Genehmigung: Ohrenkneifer

 

Der Autor Wolfgang Jeschke (1936 - 2015) war einer der bedeutendsten Persönlichkeiten der deutschen Science Fiction. Er war nicht nur Herausgeber, sondern auch Lektor und Autor. Für seinen Roman "Der letzte Tag der Schöpfung" erhielt er 1982 den "Kurd-Laßwitz-Preis" als Auszeichnung für den besten Science Fiction-Roman. Wolfgang Jeschke war es gelungen, nicht nur einen sehr spannenden Roman mit plastischen Figuren zu schreiben, sondern auch das knifflige Thema Zeitreise geistreich und in sich stimmig zu behandeln.

 

Dass nach fast 40 Jahren (!) ein Roman noch immer spannend zu lesen, bzw. als Hörspielfassung zu hören ist, spricht für die Qualität des Werkes. Die Themen Ressourcen, Erdöl und Kriege sind heute aktueller denn je. Wolfgang Jeschke geht in seinem Werk aber weit darüber hinaus und spinnt die Menschheitsgeschichte neu. Er behandelt aber auch Technikgläubigkeit und Religion.

 

Wolfgang Jeschkes großartige Erzählung wurde vom Ohrenkneifer-Verlag mit viel Aufwand als Hörspiel produziert. Allen voran die Sprecherinnen und Sprecher erwecken die Figuren glaubhaft zum Leben. Hervorzuheben ist besonders der Sprecher Gordon Piedesack, der einen perfekten Erzähler abliefert. Aber auch die Musik von Marc Schülert und Michael Donner lässt wunderbar eine völlig fremde und doch vertraute Welt im Kopf des Hörers entstehen. Ebenso übrigens wie die Geräusche und Soundeffekte.

Am Schluß ist es einfach nur schade, von dieser urzeitlichen Welt nicht noch mehr erfahren zu können. Das Buch hätte definitv das Potential als Verfilmung.

 

Ein ca. 5-minütiges "Making Of" befindet sich exklusiv nur auf der CD-Version. Das Hörspiel ist ab 16 Jahren empfohlen.

 

Fazit: Ein tolles Science Fiction-Hörspiel für Erwachsene. Aufwändig und intelligent.

 

Harald Kloth

4/5 Sterne
4/5 von 5

© 2020 Harald Kloth

© Titelbild: mit freundlicher Genehmigung Ohrenkneifer