Julia Freidank: Im Sturm der Zeit

Das Brauhaus an der Isar, Band 2

Hamburg ; Rowohlt ; 2020 ; 417 Seiten ; ISBN 978-3-644-40664-3

Wie überall hat die Spanische Grippe auch in Bayern ihre Opfer gefordert. So ist auch Claras Bruder Thomas der Krankheit erlegen. Der Tod ihres Sohnes ist auch für die Eltern Antonia und Melchior Bruckner ein schwerer Schlag - sollte er schließlich später die familieneigene Brauerei Brucknerbräu übernehmen. Diese Rolle soll nun die Tochter Clara einnehmen. Doch leichter gesagt, als getan. Zwar werden Frauen zunehmend selbstbewusster, kleiden sich freizügiger und dürfen studieren, aber in der Gesellschaft gibt es noch viele Widerstände gegen diese neue Freizügigkeit. Zu allem Überfluss ist Clara auch noch Anhängerin der abstinenten Gesundheitsbewegung, die Alkohol verschmäht. Als solche ist ihr auch daran gelegen, dass die Brauerei alkoholfreie Alternativen bietet - sehr zum Entsetzen der Belegschaft, die um ihre Arbeitsstellen bangt. Ob trotz solcher neumodischen Ideen eine Wiederbelebung des Oktoberfests gelingen kann?

Nebenbei versucht Clara mit ihrer Freundin Magdalena alles Negative zu vergessen und das Leben wieder mehr zu genießen. Die Weimarer Republik ist eine unruhige Phase: Ministerpräsident Eisner wurde ermordet,  Ernst Toller verhaftet, es gibt Straßenkämpfe, die Königstreuen sind immer noch aktiv und Adolf Hitler wird zunehmend als Heilsbringer propagiert. Clara macht zudem auch zu schaffen, dass sich ihre Eltern seit dem Tod des Bruders voneinander distanziert haben. Und was hat es mit den geheimnisvollen Abhebungen zu tun, die Vater Melchior vom Firmenkonto tätigt? Eine Geliebte etwa?

Während Clara ihr Herz mehr und mehr an den draufgängerischen Journalisten René Kurowsky verliert, heiratet Magdalena wohl auch auf Drängen ihrer Mutter den Kriegsheimkehrer Alfred und damit hat in der Malzfabrik Moser endlich wieder ein Mann das Sagen. Allerdings ist Alfred ein glühender Verehrer Adolf Hitlers und tut alles dafür dessen Ideologie durchzusetzen. Dass René Jude ist, verkompliziert alles noch zusätzlich. Es sind einfach stürmische Zeiten. Wird die Freundschaft der beiden Frauen daran zerbrechen?

In der Fortsetzung von "Spiel des Schicksals" spielt die neue Generation der Familie Bruckner die Hauptrolle. An der Hauptfigur Clara macht Julia Freidank deutlich, in welchem Spannungsfeld sich die Frauen zu dieser Zeit befunden haben. Einerseits wurde die Mode freizügiger und Frauen durften nun auch an der Universität studieren, doch andererseits gab es auch viele, vor allem Männer, die diese Emanzipationsbestrebungen verurteilten und das traditionelle Rollenbild als das einzig Wahre propagierten.

Die Zeit der Weimarer Republik war in jeder Hinsicht eine äußerst spannungsgeladene Phase mit vielen Umbrüchen. Gespickt mit vielen historischen Begebenheiten liefert die Autorin erneut eine sehr interessante Geschichte. Und so manche Stimmungsbeschreibung ist dabei aktueller denn je. Das Bayerische Glossar am Ende ist für Nicht-Dialektsprecher sicher eine Hilfe.

Fazit: einen unterhaltsamen Roman lesen und dabei etwas lernen - so macht Geschichte Spaß!

 

Sonja Kraus

4/5 Sterne
4/5 von 5

Brauhaus-Saga

Band 1: Spiel des Schicksals | Band 2: Im Sturm der Zeit

 

© 2020 Sonja Kraus, Harald Kloth