Original: The man who saved the world, 2014
Regie: Peter Anthony
Am 26. September 1983 traf Stanislav Petrov eine Entscheidung, die den Lauf der Zeit verändern sollte. An diesem Tag war der sowjetische Offizier Befehlshaber der Satellitenüberwachung. Innerhalb kurzer Zeit wurden mehrere anfliegende us-amerikanische Atomraketen gemeldet. Petrov stand vor der schwierigen Aufgabe, die Computermeldungen als echt oder falsch zu behandeln. Letztendlich entschied er sich dafür, die Signale als Fehlalarm zu verifizieren, weil er nicht für den Tod von Millionen Menschen verantwortlich sein wollte. Hätte er sich anders entschieden, gäbe es heute vermutlich keine Menschheit mehr, die Erde wäre wohl in weiten Teilen eine für Menschen lebensfeindliche und verseuchte Wüste.
Der Dokumentarfilm zeigt Petrov als alten, teils verbitterten und harschen Mann. Vor allem Fragen nach seiner Familie begegnet er agressiv. Die junge Übersetzerin Galina begleitet ihn auf seiner Reise in die USA. Dort wird er im UN-Gebäude mit dem „World Citizen Award“ ausgezeichnet. Petrov verehrt die Schauspieler Robert DeNiro und Kevin Costner und wünscht sich ein Treffen mit seinen Idolen. Seine Zusammenkunft mit Costner in dessen luxuriösen Wohnwagen stellt einen ergreifenden Höhepunkt dieser Dokumentation dar. Petrov sieht sich selbst nicht als Helden, sondern als ganz normalen Menschen, der einfach nur die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit getroffen hat. Costner ist sichtlich beeindruckt und stellt Petrov auch seinem Filmteam vor.
Am Ende des Dokumentarfilms rückt Petrovs schwierige Beziehung zu seiner Familie bzw. Mutter in den Mittelpunkt. Regisseur Anthony beweist hier viel Gespür für Emotionalität, aber insbesondere auch für den Menschen Petrov. In Spielhandlungen werden Petrovs Beziehung zu seiner Frau und deren Krankheit gezeigt. Besonders die nachgestellten Szenen im September 1983 im Kontrollzentrum sind von ungeheurer Wucht, ohne theatralisch zu wirken. Man spürt die Last, die auf dem Soldaten liegt und der unter extremen Zeitdruck eine Entscheidung treffen muß. Sein Entschluss wird über das Schicksal der Menschheit entscheiden.
Die brisante politische Weltlage 1983 lässt diese Doku übrigens aussen vor, sie konzentriert sich ausschließlich auf den Menschen Petrov. Das macht es aber natürlich 40 Jahre später schwer, die Zusammehänge zu verstehen. 1979 hatte der Doppelbeschluss der NATO die Aufstellung von atomaren Mittestreckenraketen zur Folge. 1982 erkrankte der sowjetische Generalsektär Jurij Andropow schwer. Anfang 1983 hatte der US-Präsident Ronald Reagan den Aufbau eines weltraumgestützen Anti-Rakentenschutzschirms bekanntgegeben und in einer Rede von der Sowjetunion als „Reich des Bösen" gesprochen.
Auf DVD ist der Dokumentafilm leider nur als Importversion ohne deutsche Untertitel erhältlich. In der arte-Mediathek war »Der Mann, der die Welt rettete« bis 11/2023 verfügbar.
Fazit: Kein Held, aber zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die Menschheit sollte Stanislaw Jewgrafowitsch Petrow nie vergessen.
Harald Kloth
© 2021 Harald Kloth