Er, Leo Leike, ist ein Sprachpsychologe und forscht gerade über die Emails als Transportmittel von Emotionen und über ihren Einfluss auf das Sprachverhalten der Menschen. Sie, Emma Rothner, ist eine Internetseitenspezialistin. Was kann noch besser zusammenpassen? Eigentlich wollte Emma nur ihr Abo der Zeitschrift „Like“ abbestellen und ihre Email landete versehentlich in der Mailbox eines Herrn Leike, der höflicherweise nach mehreren falschen Emails doch noch antwortet, um den Fall zu klären. Er sei keine Zeitschriftenredaktion. Von ihr kommen prompt eine Entschuldigung und später ein unbedeutender Weihnachtsgruß, der an das ganze Email-Adressbuch geschickt wird. Eine Lappalie, aber dem ist überhaupt nicht so.
Sie schreiben sich, erfahren einiges voneinander, kommen sich näher und verlieben sich. Es entwickelt sich eine intensive virtuelle Beziehung. Ja, das ist tatsächlich Liebe und der Hörer zweifelt keinen Augenblick daran, dass sie echt ist. Dazu tragen nicht nur der sprachlich interessante, gut aufgebaute Text bei, sondern, und vor allem, die Stimmen der Vorleser.
Andrea Sawatzki mit ihrer klaren, kräftigen, teils aufdringlichen Stimme bringt Spannung und Abwechslung. Sie klingt manchmal bestimmt und aufgeregt, manchmal aber auch hell, leise, nachdenklich und flehend. Für Leo Leike liest Christian Berkel emotional, überlegend, und gleichzeitig ist seine Stimme warm und herzlich. Mit der Kraft und Stärke ihrer Stimmen, schaffen die beiden Hochspannung, wecken Neugierde und Erwartungen, betonen den Witz und offenbaren die Liebe. Und es hört sich absolut nach großem Gefühl und Sehnsucht an.
Da die beiden durch E-Mails kommunizieren, steht die Sprache hier im Mittelpunkt. Wie stehen aber diese elektronisch vermittelten Gefühle zur schonungslosen Wirklichkeit? Wenn man nicht nur Buchstaben vor Augen sieht, sondern einen realen Menschen, den man sehen, fühlen, riechen, berühren kann? Was dann, wenn der virtuelle Mensch dem wahren nicht entspricht?
Eine Liebesgeschichte, leicht und sinnlich geschrieben, wunderbar natürlich vorgetragen. Die Figuren wirken sehr echt, die Dialoge sind schlagfertig, geistreich und witzig, emotional sehr geladen.
Der Schluss mag für manchen enttäuschend vorkommen, aber der ist wohl sehr realistisch und einfach kompromisslos.
Fazit: Wenn es in der dunklen, trüben Winterzeit einem ungemütlich wird, und ein kalter Wind aus dem Norden ans Fenster bläst, einfach Daniel Glattauer hören, tut gut gegen Nordwind.
Ludmila Hück
© 2007 Ludmila Hück, Harald Kloth