Bernhard Schlink

Die Selb-Trilogie

Selbs Justiz, Selbs Betrug, Selbs Mord

Hörbuch, gelesen von Hans Korte

2 CDs

Gerhard Selb, 68jähriger Privatdetektiv lebt und arbeitet in Mannheim. Er studierte zur Zeit des NS-Regimes Rechtwissenschaften; seine Karriere als Nazi-Staatsanwalt war ebenso steil wie kurz. Er raucht zu viel, er spielt leidenschaftlich gerne Schach, er ist mit Brigitte liiert und nennt drei, eher vier Freunde sein eigen: Eberhard, Philipp, Hauptkommissar Nägelsbach und last but not least, seinen Kater Turbo.

 

Im ersten Fall Selbs Justiz (verfasst mit Co-Autor Walter Popp) wird der Privatdetektiv von einem alten Freund beauftragt, einem Hacker das Handwerk zu legen, der das werkseigene Computersystem durcheinander bringt. Bei der Lösung dieses Falles wir er zudem mit seiner eigenen Vergangenheit als junger, schneidiger Nazi-Staatsanwalt konfrontiert; er findet für die Ahndung zweier Morde, deren argloses Werkzeug er damals war, eine zwar eigenwillige, jedoch nachvollziehbare und sehr endgültige Lösung.

 

Selbs Betrug ist der zweite Fall des Mannheimer Privatdetektives. Selb - mittlerweile 69 Jahre alt - seine Vergangenheit als Staatsanwalt im Dritten Reich, führt des Öfteren zu Reflexionen zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Ministerialdirigent Salger aus Bonn ersucht ihn, dessen verschwundene Tochter Leonore, zu finden. Doch der Auftraggeber ist nicht der, für den sich dieser ausgibt: Salger ist bereits tot! Es handelt sich vielmehr um den Ex- oder Noch-immer-Terroristen Helmut Lemke. Doch bevor Selb dies herausfindet, hat er die Leo genannte „Tochter“ gefunden, die mit verändertem Aussehen und unter anderem Namen als Kindermädchen arbeitet. Doch als nach Helmut Lemke und auch nach Leo wegen terroristischer Umtriebe gefahndet wird, verhilft Selb ihr zur Flucht. Sie gerät jedoch erneut in die Fänge des Terroristen und es kommt zum Showdown.

 

Mit Selbs Mord endet nun diese wunderbare, spannende und unterhaltsame Selb-Trilogie: dieses mal geht es um einen sehr sonderbaren Auftrag, der den Auftraggeber eigentlich gar nicht interessieren kann und Selb im Grunde ebenso wenig. Dennoch verstrickt er sich immer tiefer darin. Merkwürdige Dinge ereignen sich in einer alteingesessenen Schwetzinger Privatbank. Die Spur des Geldes führt den Privatdetektiv in den deutschen Osten, nach Cottbus, mitten hinein in die Niederlagen der Nachwendezeit.

 

Walter Popp und Bernhard Schlink schufen mit dem eigenbrötlerischen und schrulligen Privatdetektiv Gerhard Selb eine Figur, die durchaus das Zeug dazu hat, Marlowe und Maigret, den beiden Größten dieses literarischen Genres Paroli zu bieten. Originell und spannend aufgebaute Plots, ausgefeilte und ausgereifte Figuren, verpackt in unangestrengt zu lesende Literatur, gewürzt mit einer wohl dosierten Prise frischem Humor und dazu einen Protagonisten, der so gar nicht in irgendwelche Klischees passen will: der mit allerlei Macken ausgestattete kauzige Privatdetektiv Gerhard Selb nebst Kater, die man beide einfach ins Herz schließen muss!

 

Schlinks Sprache ist präzise und packend, reich an gut sitzenden Pointen, voller versteckter Ironie und zum guten Teil auch bitter böse und sarkastisch. Diese drei gesellschaftskritischen Kriminalgeschichten sind durch die Bank komplex aufgebaut, nicht immer ganz logisch und in der einen oder anderen Szene hat man schon ein bisserl geistige Arbeit zu verrichten, sollte man zwischen den Zeilen lesen können, um nicht den berühmten roten Faden zu verlieren! Der raffiniert angelegte Spannungsbogen entschädigt aber immer wieder für diese kleinen Lesestaus und treibt einen immer und immer wieder weiter.

 

Wählt man nun für diese Kriminalgeschichten noch einen Sprecher aus, der den kauzigen Privatdetektiv authentisch und glaubwürdig herüber zu bringen vermag und in der Lage ist, den Plot einigermaßen spannend vorzutragen - tja dann kann eigentlich nichts mehr schief gehen: Hans Korte - der Vorleser schlechthin - zelebriert diese Selb-Trilogie geradezu.

 

Fazit: Hans Korte macht aus einer guten und spannenden Kriminal-Trilogie ein wunderbares und fesselndes Hör-Erlebnis, das leider nur 22 Stunden dauert!

 

Wolfgang Gonsch

4 Sterne
4 von 5

© 2008 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth