Auf einem abgelegenen Bauernhof werden eine fünfköpfige Familie und ihre Magd erschlagen aufgefunden. Die Danners galten als seltsame Familie. Der Vater war geizig, mürrisch und wortkarg, Die Mutter gehorsam und gefühllos. Es ging auch ein Gerücht um: Der Vater habe ein Verhältnis mit seiner eigenen Tochter gehabt und ihre Kinder seien von ihm. Unglaublich! Keiner im Dorf will mit Danner was zu tun haben und alle vermeiden ihn. Aber ein Mord, ein brutale Verbrechen? Hier, in einem stillen, verlassenen Dorf? Erschlagen, einer nach dem anderen, brutal und kaltblütig. Wer macht denn so was?
Könnte es der verschwundene Ex-Mann der Tochter Barbara sein, oder einer von den Hilfsknechten, die oft im Hof aushelfen? Oder womöglich jemand von den Einheimischen? Es fehlt zwar vom Mörder jede Spur, der Leser kann aber den Verbrecher erahnen. Er ist ganz in der Nähe, er ist da, er ist präsent.
Die Autorin schafft es meisterhaft, eine falsche Fährte zu legen und die Spannung bis zur letzten Seite aufrecht zu erhalten. Dabei hat sie eine ganz interessante Erzähltechnik verwendet. Es gibt nämlich keinen klugen und allwissenden Ermittler, keine klaren eindeutigen Indizien und keine ausreichenden Beweismittel. Man kann nur staunen, wie ist so etwas möglich in einem Krimi.
Ja, bei Andrea Schenkel ist es möglich. Sie hat eine interessante Sammlung aus Verhörgesprächen, Zeugenaussagen, Beobachtungen und teilweisen Vermutungen zu einem hervorragenden Kriminalroman zusammengefügt. Zum Schluss wird nicht nur die ewige Frage nach dem „Wer?“, sondern auch die viel wichtigere nach dem „Warum?“ lückenlos beantwortet.
Mit überzeugenden sprachlichen Mittel wird Geschichte immer bedrückender, dunkler und spannender, bevor es dann zu einer Offenbarung menschlichen Abgrundes kommt, der immer tiefer wird und in dem einen Mord im Blutrausch geschieht.
Andrea Maria Schenkel erhielt für Tannöd unter anderem den Deutschen Krimipreis, der Friedrich-Glauser-Preis und den internationalen Buchpreis Corine.
Der Erstlingsroman, der im Landkreis Regensburg lebenden Autorin, wurde ein riesiger Erfolg. Mit Monica Bleibtreu wurde außerdem ein Hörbuch produziert, das mit dem Deutschen Hörbuchpreis 2007 ausgezeichnet wurde.
Fazit: Clever konstruiert und fesselnd geschrieben mit kurzen, aber präzisen Sätzen, liest sich dieser Krimi sehr leicht. Die unheimliche Atmosphäre des Verbrechens lässt den Leser erschauern, gleichzeitig fasziniert sie ihn durch ihre Klarheit und Originalität. Sehr lesenwert.
Ludmila Hück
© 2007 Ludmila Hück, Harald Kloth