Gerhard Hirschfeld / Irina Renz

Vormittags die ersten Amerikaner

Stimmen und Bilder vom Kriegsende 1945

Seit den Feierlichkeiten anlässlich des 60. Jahrestages der Landung der Alliierten in der Normandie im Juni 2004, wurde die Medienlandschaft nahezu überschwemmt mit Publikationen, Dokumentationen und Fernseh- und Kinofilmen. Hervorzuheben sind hier der Spielfilm Der Untergang (2004, Regie: Oliver Hirschbiegel) und die Fernsehserie Band of Brothers (2001). All diese Medien beschreiben die letzten Monate, des einst als tausendjährig proklamierten Dritten Reiches aus den unterschiedlichsten Perspektiven.

 

Da jedoch viele Berichte oder Veröffentlichungen oft nur ein unvollständiges und vor allem subjektives Bild des Verfassers wiedergeben, wird man aber oftmals mit den unterschiedlichsten Interpretationen über den gleichen Sachverhalt konfrontiert die Wahrheit bleibt trotz neuestem Forschungsstand im Dunklen. Doch wer kann Geschichte besser erzählen als Zeitzeugen, als Personen, die das Ende des hinsiechendes nationalsozialistischen Deutschlands am eigenen Leib erfahren, besser erleiden mussten.

 

Absolut hervorstechend ist hierbei das Buch von Gerhard Hirschfeld und Irina Renz. Das Buch bietet anhand von Briefe und Tagebuchaufzeichnungen ein mehrdimensionales Stimmungs- und Meinungsbild über den Zeitraum 31. Dezember 1944 bis zur Kapitulation gegenüber den Sowjets in Berlin-Karshorst am 9. Mai 1945. Schon die kurze aber dafür erstaunlich informative und umfassende Einleitung von Gerhard Hirschfeld wecken das Interesse und die ausgewählten Schriftstücke fesselten mich so, dass ich das Buch in kürzester Zeit gelesen hatte.

 

Dabei reicht das Spektrum von Feldpostbriefen von deutschen und Alliierten Soldaten an ihre Familien über Tagebuchaufzeichnungen führender Köpfe des NS-Regimes bis zu persönlichen Aufzeichnungen von Leuten, die das Ende des Krieges in ihrer zerbombten Stadt miterlebten, ständig berieselt von der NS-Propaganda, dass die Wende zum Guten immer noch - unmittelbar bevor stünde. Zu Beginn eines jedes Monatsabschnitts informiert das Buch chronikartig über die Ereignisse des jeweiligen Monats, so dass auch weniger geschichtsfeste Leser stets den politischen und militär-strategischen Gesamtzusammenhang vor Augen haben.

 

Die Autoren verzichten (bewusst?) auf jegliche Interpretationen und persönliche Anmerkungen und überlassen es so dem Leser sich ein eigenes Bild über die jeweilige Situation zu machen.

 

Fazit: Insgesamt ein aufgrund der Authentizität einzigartiges Buch, dass in keinem Bücherregal über den Zweiten Weltkrieg fehlen darf - und nicht umsonst waren Auszüge dieses Buches in den letzten Monaten kaleidoskopartig Bestandteil der Zeitung "Die Welt".

 

Andreas Pickel

4/5 Sterne
4/5 von 5

© 2005 Andreas Pickel, Harald Kloth