Richard Dübell: Der Sohn des Tuchhändlers

Historischer Roman

Peter Bernward, Band 5

Bergisch Gladbach ; Ehrenwirth ; 2006 ; 461 Seiten ; ISBN 3-431-03674-0

 

Krakau im Frühjahr des Jahres 1486; die Stadt - sie beherbergt die größte jüdische Gemeinde des Mittelalters - ist ein brodelnder Schmelztiegel verschiedenster Volksgruppen. Deutsche Patrizier, polnische Handwerker und jüdische Händler streiten sich um das größte Stück des Kuchens. Ein kleiner Funke genügt um das Pulverfass zu entzünden, und dieser Funke ist die Vergewaltigung einer deutschen Ratsherrentochter durch einen jüdischen Schnitzergesellen. Fast hilflos muss Privatermittler Peter Bernward, der aus Landshut zugezogene Tuchhändler mit ansehen, wie seine Wahlheimat immer näher Richtung Abgrund schlittert.

 

Nach abenteuerlichen Handelsreisen durch halb Europa hat sich der ehemalige Sonderermittler des Augsburger Bischofs mit seiner polnischen Geliebten Jana Dlugosz und seinem italienischen Adoptivsohn, dem kleinen Paolo, in Krakau niedergelassen. Er will nur in Frieden und Zufriedenheit leben und endlich die Aussöhnung mit seinen beiden älteren Kindern, Daniel und Sabina, zuwege bringen.

 

Doch die Pläne werden rüde gestört, als Bernwards Freund Mojzesz Fiszel, der einflussreichste Mann im Judenviertel, ihn um Vermittlung bittet. Zofia, die Tochter des deutschen Ratsherren Weigel, soll von dem jüdischen Bildschnitzergesellen Samuel Ben Lemel geschändet worden sein. Wenn nicht alte Feindschaften neu aufbrechen sollen kann nach Bernwards Meinung nur ein großes Schweige- bzw. Blutgeld helfen. Doch er kommt zu spät. Schon am nächsten Tag hat ein fanatischer Wanderprediger die Gerüchte aufgegriffen und heizt die bereits kochende Stimmung weiter an.

 

Mit dieser fünften Tuchhändler-Geschichte geht die Reihe um Sonderermittler Peter Bernward und seiner Familie leider in die letzte Runde. Historienautor Richard Dübell hat schon in seinen vorigen Romanen gezeigt, dass er ein Garant für Spannung und leidenschaftliche Szenen ist. Anders als bei anderen Kriminalromanen ist sein Held nicht der kluge Kopf, der alles im Griff hat und Schritt für Schritt der Lösung des Rätsels auf die Spur kommt. Stattdessen wird er von den Geschehnissen einfach mit fortgerissen. Und diese Geschehnisse haben es - wie immer bei Richard Dübell - in sich ...

 

Der Autor entwirft ein kraftvolles, lebendiges und leidenschaftliches Bild, das die Vergangenheit neu und prall vor unserem Auge entstehen lässt. Was bei anderen Autoren überfrachtet wirken mag - Peters Beziehung zu Jana steht vor dem Aus, die Stadt schlittert scheinbar ungehindert auf ein gewaltiges Pogrom zu, sein jüngster Sohn ist verschwunden und die Aussöhnung mit seinen älteren Kindern ist alles andere als in trockenen Tüchern - wird von Richard Dübell mit soviel Überzeugungskraft, sprachlichem Tempo, schriftstellerischer Eleganz und purer Lust am Geschichten erzählen geschildert, dass man genau so wie der Protagonist Peter Bernward in die Geschichte hineingezogen wird.

 

Ganz besonders erfreulich ist, dass der Autor sich seinem bestens recherchierten historischen Stoff ganz selbstverständlich nähert. Er vermeidet Anachronismen ebenso wie altertümliche Sprache. Auf diese Weise erschafft er glaubwürdige Charaktere und zaubert eine komplexe Geschichte darum herum, die von der ersten bis zur letzten Seite Spannung garantiert. Insbesondere die Darstellungen des entfesselten Mobs sind lange nicht mehr so packend, so beklemmend und gleichzeitig so unaufdringlich geschildert worden wie in diesem Plot.

 

Fazit: Mit diesem spannenden und leidenschaftlichen Historienroman untermauert Richard Dübell einmal mehr seine Position unter den besten Autoren des historischen Genres und bringt seine Peter-Bernward-Reihe zu einem krönenden Abschluss.

 

Wolfgang Gonsch

5 Sterne
5 von 5

Peter Bernward

Band 4: Das Spiel des Alchimisten | Band 5: Der Sohn des Tuchhändlers

© 2006 Wolfgang Gonsch, Harald Kloth

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